Social Media im Unterricht

Social Media im Unterricht in der Medienpädagogik

"Like" von sofiabudapest auf flickr.com (CC BY-NC-SA)

Eignen sich Social-Media-Anwendungen wie Blogs, Wikis, Communities und Medienportale nicht hervorragend für den eigenständigen Wissenserwerb in der Schule? (Vorausgesetzt natürlich, sie sind in ein didaktisch sinnvolles Setting eingebettet!)? Oder werden diese Tools in der Freizeit der Schüler/innen in ausreichendem Maße genutzt, so dass die Schule nicht auch noch diesem Trend hinterherhecheln muss?

Um sich dieser Frage zu nähern ist zunächst eine Übersicht über diverse Social-Media-Anwendungen sinnvoll, die sich an der Funktionalität verschiedener Dienste orientiert und sie mit möglichen Anknüpfungsmöglichkeiten an die Schule verbindet. Folgende Kategorien können unterschieden werden:

  • Kommunikation: Social Networks wie Facebook.com, Google+ oder die unkommerzielle Alternative Diaspora eignen sich, um die klasseninterne Kommunikation um einen zusätzlichen Kanal zu erweitern. So kann in geschlossenen Gruppen unter Ausschluss der Öffentlichkeit unterrichtsbezogen diskutiert werden. Zudem kann in den Communities auf Klassenprojekte aufmerksam gemacht werden, auch Ergebnisse (z.B. von einem Literatur- oder Fotoprojekt) lassen sich hier für die Peer-Group der Klasse aufbereiten. Bei Anbietern wie mixxt.de oder mypeopls.de können zudem eigene, geschlossene Communities angelegt werden.
  • Information: Kostenlose Anbieter zum Erstellen eigener Websites oder Weblogs ermöglichen die Erstellung unterrichtsbezogener Onlineauftritte, die wahlweise nur von der Lehrperson oder auch von Schüler/innen mit Leben gefüllt werden können. Hier gestaltete Angebote können sich entweder nur an eine geschlossene Zielgruppe, z.B. die Klasse, wenden und mit Passwort geschützt werden. Sie können aber alternativ auch zur Information der Öffentlichkeit über spannende Ergebnisse genutzt werden. Für derartige Webauftritte bieten sich die OpenSource-Systeme WordPress.com und LifeType.de an, eigene Wikis können mit der freien Software MediaWiki oder bei Wikia.de errichtet werden.
    Eine weitere Möglichkeit ist die Nutzung von Microblogs wie Twitter.com oder OpenMicroblogger.org (mehr dazu in diesem Artikel).
  • Selektion: Um das Internet als Quelle für aktuelle Informationen oder fachbezogenes Wissen zu nutzen, empfehlen sich Web-Helferlein, die die relevanten Fundstellen aus den Weiten des Web filtern. Hierzu eignen sich z.B. Social-Bookmarking-Dienste wie del.icio.us oder MisterWong.de, bei denen einzelne User/innen oder auch Gruppen und Klassen Online-Lesezeichen listen und verwalten können. Für aktuelle Informationen sind News-Aggregatoren hilfreich, die gezielt nach Stichworten suchen, RSS-Feeds auslesen oder auch aus einem vorher festgelegten Pool von Websites und Blogs filtern können (z.B. der Google-Dienst iGoogle.de, der Blog-Aggregator Rivva.de, der Twitter-Filter paper.li sowie die Feed-Reader feedreader.com und newzcrawler.com).
  • Kreation: Die Ergebnisse eines schulischen Medienprojekts können in diversen Multimediaportalen der digitalen Öffentlichkeit präsentiert werden: Videos finden bei YouTube.de oder Vimeo.com eine Heimat, für Fotos eignen sich die Portale Flickr.com und Jugendfotos.de. Für eigene Audio- oder Podcast-Ergebnisse empfehlen sich Podster.de oder 1000mikes.com, schulische Webradios können über das Portal edura.fm senden. Um zur Erstellung von Präsentationen eine Alternative zu PowerPoint anzubieten eignen sich die Plattformen Prezi.com und Popplet.com.
  • Kollaboration: Die Möglichkeit, kollaborativ zu arbeiten und die Ergebnisse anderer User zu nutzen, ist eine der zentralen Eigenschaften von Social Media und liegt vielen Diensten zugrunde. Besonders augenscheinlich umgesetzt wird das Prinzip der Kollaboration im Etherpad, einem webbasierten Text-Editor, der es ermöglicht, gleichzeitig mit mehreren Autor/innen an einem Textdokument zu arbeiten und sich parallel in einem Chatfenster auszutauschen. Die OpenSource-Software ist auf diversen Servern kostenlos nutzbar, z.B. bei edupad.ch, openetherpad.org. Weitere Software zum kollaborativen Arbeiten findet sich unter docs.google.com oder zoho.com.

Doch wie lässt sich aus diesem umfangreichen Web-Angebot ein sinnvolles Unterrichtsszenario entwickeln? Hier sind folgende Modelle denkbar:

  • Für den Ethikunterricht einer 10. Gymnasialklasse wird ein Weblog eingerichtet, in dem die Schüler/innen sich mit dem Thema „Weltgeschehen und Moral“ auseinandersetzen. Sie nehmen durch Abstimmungen Einfluss auf die Unterrichtsschwerpunkte und beteiligen sich in Form von Diskussionen, Mindmaps, eigenen Videos und Rätseln am Unterrichts-Blog.
  • Dem Thema „Atomkraft oder erneuerbare Energien?“ widmet sich der Gemeinschaftskundeunterricht in der Klassenstufe 10 eines Gymnasiums in onlinebasierter Form. Hierfür wird ein eLearning-Kurs entwickelt, der u. a. ein Diskussionsforum, ein eigenes Klassen-Wiki sowie einen Podcast für Interviews der Schüler/innen beinhaltet.
  • Um mit Grundschülern einer 3. Klasse im Fach Sachkunde das Thema „Zahnpflege“ zu behandeln wird eine Website erstellt, auf der die Schüler/innen Aufgaben und Bilderrätsel finden. Zudem sollen die Kinder eigene Fotos zur Zahnpflege knipsen und in einer Online-Fotocommunity einstellen.
  • Eine 9. Englisch-Klasse eines Gymnasiums behandelt das Thema „Child Labour“ mit Unterstützung eines eLearning-Kurses. Dort werden in einem Audio- und einem Text-Blog Aufgaben zu „Kinderarbeit“ bearbeitet. Ein Wiki sammelt alle Informationen und wird im Laufe des Schuljahres zu einem ständig wachsenden Wissensnetz ausgebaut.
  • Eine Klassenfahrt nach London wird von einer Realschul-Klasse der Stufe 10 online vorbereitet und dokumentiert. Im Vorfeld füllen die Jugendlichen in Gruppenarbeit die Seite mit Inhalten zu verschiedenen Themen wie „Sport“, „Musik“ und „Sehenswürdigkeiten“. Eindrücke von der Klassenfahrt werden in einem Weblog mit Fotos und Videos dokumentiert und in einem virtuellen Stadtplan lokalisiert.

Diese Konzepte wurden im Sommersemester 2011 in einem Seminar an der Universität Koblenz-Landau im Studiengang „Bachelor of Education“ entwickelt. Die Seminarleitung hatte Björn Friedrich, Medienpädagoge bei medien+bildung.com. Ziel dieses Seminars ist es, Unterrichtsszenarien zu entwickeln, in denen Social-Media-Anwendungen zum Einsatz kommen, ohne jedoch den Medieneinsatz in den Vordergrund zu stellen. Die Medien sollten überzeugend in den Lernprozess eingebunden sein, um für die Behandlung des Unterrichtsstoffes einen Mehrwert zu generieren. Die Studierenden erarbeiteten in Kleingruppen diese fünf Projektkonzepte und stellten dazugehörige Angebote ins Netz, die mit „Musterlösungen“ gefüllt wurden, um einen Eindruck von der Umsetzung der Idee zu erhalten.
Die ausführlichen Konzepte der Arbeitsgruppen sowie Links zu den realisierten Beispielergebnissen sind online nachzulesen unter www.medienarbeit.wordpress-und-bildung.de.

Auch in diesem Semester wird das Seminar wieder durchgeführt, wir sind gespannt auf die neuen Konzepte. Welche weiteren Ideen und Anregungen zu Social-Media-Anwendungen in der Schule haben Sie?

Dies ist ein Gastbeitrag von Björn Friedrich, Medienpädagoge M.A. Der Autor arbeitet für medien+bildung.com im Büro Kaiserslautern mit den Schwerpunkten Internet/Social Media, E-Learning, Mobile Learning und Games. Er studierte Medienpädagogik, Politik- und Kommunikationswissenschaft an der Uni Augsburg und arbeitete im SIN – Studio im Netz München sowie im Institut für Jugendarbeit Gauting. 2007 zog es ihn in die Pfalz, um am Fuße des Betzenbergs medienpädagogisch aktiv zu werden.

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