Mit Roblox Spiele erstellen und coden lernen?

Pressegrafik von https://corp.roblox.com/

Ein Phänomen, das in den letzten Jahren äußerst populär und auch für die Medienpädagogik spannend geworden ist, ist das Spieleportal Roblox. Hier können die Spielenden nicht nur die angebotenen Games spielen, sondern im Sandbox-Modus auch eigene 3D-Welten entwerfen, darin neue Spiele kreieren und die Ergebnisse online veröffentlichen. Mithilfe kostenloser Unterrichtsmaterialien ist zudem eine Einführung in die Spiele-Programmierung möglich. Anlass genug, das Angebot genauer unter die Lupe zu nehmen.

Wir hatten hier im Praxis-Blog bereits zahlreiche Tools zur Spiele-Entwicklung vorgestellt, z.B. Kodu, HTML5, Scratch und weitere Plattformen. In dieser losen Reihe möchten wir heute eine weitere Software beschreiben, die eine gute Brücke zwischen Gaming und Programmierung schlägt.

Was bietet Roblox?

Roblox ist zunächst eine Online-Spieleplattform, auf der zahlreiche Games zur Verfügung stehen. Eigentlich versteht sich Roblox aber als Community für Spieler*innen, die ihre eigenen Ideen realisieren und ihre Eigenkreationen der Community zur Verfügung stellen. „Auf Roblox kann jeder seine Vorstellungskraft freien Lauf lassen, kreativ werden, und mit Freunden Spaß haben“, heißt es (etwas euphorisch) in der Selbstdarstellung.

Zur Erstellung eigener Spiele steht mit dem kostenlosen „Roblox Studio“ eine eigene Spiele-Engine zur Verfügung, die leicht verständlich gestaltet und somit intuitiv bedienbar ist. Für die Programmierung von Games und Plug-Ins kann die Skritsprache „Lua“ verwendet werden.

Dieses Konzept kommt offensichtlich gut an, und so hat die bereits 2006 veröffentlichte Plattform in den letzten Jahren einen wahren Boom erlebt. Die Süddeutsche titelte, Roblox sei „das Spiel, das Kinder mehr interessiert als YouTube“ und berief sich dabei auf US-Userzahlen aus dem Jahr 2017.

Bei Spiegel Online war von 90 Millionen monatlichen Nutzer*innen weltweit die Rede, konkrete Zahlen für den deutschsprachigen Raum liegen wohl nicht vor. Doch auch hier ist eine zunehmende Popularität wahrnehmbar, zumal im Frühjahr 2019 die deutschsprachige Version veröffentlicht wurde.

Es gibt Roblox-Anwendungen für PC, Mac, Android, iOS, Xbox One, Oculus Rift und HTC Vive, und die Editor-Software „Roblox Studio“ ist für PC und Mac erhältlich. Der Name leitet sich übrigens von „Roboter-Blöcken“ ab, denn ähnlich wie in Minecraft wird auch hier mit Pixelblöcken gearbeitet.

Genutzt wird Roblox hauptsächlich von Kindern unter 13 Jahren, unter Jugendlichen ist das Angebot weniger relevant. Optisch passt sich das quietschebunte Roblox-Universum perfekt an den aktuellen Zeitgeist an, der von Minecraft, Marvel, Lego & Co. geprägt wird.

Wie kann ich Spiele erstellen?

Das Roblox-Studio ist eine klassische Sandbox-Umgebung, die mithilfe einer grafischen Oberfläche die Gestaltung eigener Spielewelten ermöglicht. Dieses kindgerechte Gamedesign-Konzept haben wir mit dem Kindercomputerclub des SIN – Studio im Netz getestet. Unsere Clubmitglieder treffen sich einmal wöchentlich, um gemeinsam kreativ zu werden und auch zu spielen. Da in den letzten Monaten zunehmend Roblox-Games gespielt wurden, haben wir im Frühjahr 2019 ein Projekt zur Erstellung eigener Roblox-Spiele gestartet.

Zur Gestaltung dieser Games sind lediglich internetfähige PCs oder Apple-Rechner nötig, zudem müssen Roblox-Benutzerkonten angelegt werden. Diese bestehen nur aus Usernames und Passwortern, eine E-Mail-Adresse muss nicht angegeben werden. Nach der Anmeldung lässt sich die Software installieren, die auch den Editor „Roblox Studio“ enthält, und dann kann es losgehen.

Ein pädagogisches Praxisprojekt mit Roblox

In der ersten Einheit dieses Projektes wurden die Kinder in die Grundlagen des Programms „Roblox Studio“ eingeführt. Die erste Aufgabe danach war es, eine leere Spielwelt zu erstellen und diese mit Hilfe der Bearbeitungstools nach eigenen Vorstellungen zu gestalten.

Wie man eine eigene Roblox-Welt erstellt, haben wir in einem Tutorial erklärt, das als PDF-Datei zum Download bereit steht und auch als Video verfügbar ist:

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Im zweiten Schritt sollten die Kinder mithilfe vorgegebener Templates ein eigenes Spiel in ihre Welt einbinden. Hierfür stehen Vorgaben aus unterschiedlichen Genres zur Verfügung (z.B. Jump’n’Run, Autorennen oder Adventure-Spiele). Im unserem Projekt sollten die Kinder eine kleine Autorennstecke errichten. Schnell wurde deutlich, dass in unserem Club einige „kleine Profis“ waren, die sofort viele Ideen hatten, wie sie ihre Welt verändern und gestalten könnten, um eine coole Rennstrecke mit fahrbaren Autos zu erstellen.

In den folgenden Projekteinheiten wurde den Kindern gezeigt, wie sie auf einfache Weise ein Jump ’n’ Run -Spiel erstellen können. Das heißt in Roblox ein „Obby“ und ist ähnlich gestaltet wie die in Minecraft existierenden „Adventure Maps“. Wichtig ist dabei das Einfügen von Objekten, die als Hindernisse dienen, sowie das Platzieren von „Spawn-Punkten“, an denen der Spielenden nach dem Scheitern wieder starten können.

Nach wenigen Stunden waren bereits erste spielbare Ergebnisse erstellt, so dass die Kinder schnell von Konsumierenden zu Produzierenden wurden. Die meisten von ihnen hatten sich zuvor nicht mit dem Erstellen von eigenen Spielen auseinandergesetzt und zeigten sich überrascht und fasziniert davon, welche Möglichkeiten zum Erstellen von Welten und Spielen in Roblox-Studio zur Verfügung stehen.

Die im Projekt entstandenen Jump ’n’ Run-Spiele sind zum Teil auch veröffentlicht, zwei Beispiele sind Haalloss und Space-Walk. Dazu ist anzumerken, dass wir bislang nur mit dem Roblox-Studio gearbeitet und noch nicht mit Lua programmiert haben.

Materialien

  • Der Roblox-Education-Bereich ist hilfreich für die pädagogische Arbeit. Hier sind umfangreiche deutschsprachige Anleitungen und Unterrichtsmaterialien zu finden, z.B. Einführungen in Programmierkenntnisse und Anleitungen zur Erstellung von Games. Die Materialien sind für unterschiedliche Altersgruppen und Zeitfenster aufbereitet und unter einer Creative Commons-Lizenz veröffentlicht.
  • Eine detaillierte Anleitung zur Erstellung eines Jump ’n’ Run-Spiels („Obby“) findet sich auf der Roblox-Developer-Seite. Diese ist leider nur englischsprachig verfügbar, aber umfangreich bebildert und daher gut zu verstehen.
  • Auch weitere, vertiefende Informationen zur Spieleentwicklung sowie zur Programmierung mit Lua finden sich im englischsprachigen Developer-Bereich.

Kritische Aspekte

Wer Roblox in der Arbeit mit Kindern einsetzt, sollte sich zuvor kritisch mit dem Portal auseinandersetzen. Zunächst ist zu überlegen, ob nur vor Ort mit Projekt-Accounts gearbeitet wird oder ob die Eltern eigene Konten für ihre Kinder anlegen sollen. Da sich Roblox als Community versteht, ist stets darauf zu achten, mit welchen anderen Community-Mitgliedern die Kinder in Kontakt stehen.

Auf dem Spielportal sind viele gewalthaltige Spiele wie Shooter, Action- und Kriegsspiele verfügbar. Die Darstellung ist stets im abstrakten Comic-Stil gehalten, dennoch sind die Angebote inhaltlich nicht immer kindgerecht.

Nicht zuletzt kann Roblox auch zur klassischen „Kostenfalle“ werden, da auch reales Geld eingesetzt werden kann, um Objekte zu kaufen. Überhaupt sollten wir stets im Hinterkopf haben, dass Roblox Corp. ein kommerzieller Anbieter ist, der auch die kostenlosen Unterrichtsmaterialien nicht aus gemeinnützigen Gründen zur Verfügung stellt.

Fazit

Roblox ist populär, unterhaltsam und macht Spaß. Es bietet
zudem tolle Möglichkeiten, um sich kreativ mit Computerspielen
auseinandersetzen und eigene Spiele zu entwerfen. Deshalb finden wir das Portal
(trotz der kritischen Punkte) ein spannendes Angebot, das großes Potential für
die medienpädagogische Praxis bietet.

Habt ihr schon Erfahrungen mit der Entwicklung eigener Roblox-Spiele gesammelt? Wenn ja, schreibt eure Einschätzung oder die Links zu euren Ergebnissen gerne in die Kommentare!

(Herzlichen Dank für die Mitarbeit an Philipp Kunow, Student der Sozialen Arbeit, sowie an Ana Gänz und Dinh Tran Trong, Schüler-Praktikant*innen im SIN.)

Björn Friedrich Kurzbio
Björn Friedrich arbeitet als Medienpädagoge im SIN - Studio im Netz, München, mit den Schwerpunkten Social Media, Games und Jugendpartizipation. Daneben ist er als Referent für Vorträge und Fortbildungen tätig. Mit Tobias Albers-Heinemann schrieb er mehrere Elternratgeber, zuletzt 2018 "Das Elternbuch zu WhatsApp, YouTube, Instagram & Co." (O'Reilly Verlag, Köln). Mit Michael Dietrich und Sebastian Ring veröffentlichte er 2020 den Sammelband "Medien bilden Werte. Digitalisierung als pädagogische Aufgabe" (kopaed, München).
Verfasst am 09.07.2019
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