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Anaglyphen reloaded
VR Brillen sind gerade hoch im Trend. Medienpädagogisch stellt sich die Frage: was können wir mit Cardboards, VR und 3D eigentlich anfangen, außer zu zeigen, dass es die Technik gibt, und dass es einem schnell übel wird.
Vielleicht ist Letzteres ein guter Ansatz. Wir können viel über unseren Körper, vor allem über unseren Sehsinn und wie er mit dem Rest unserer Sinne zusammenhängt lernen.
Um Kindern und Jugendlichen das Prinzip der Stereoskopie bzw. des 3D Sehens zu vermitteln, kann man über die sehr alte Technik der Anaglyphen oder Stereoskopie einen leichten Einstieg schaffen. Mit Anaglyph Maker auf dem PC und einer Fotokamera, oder auch über entsprechende Apps (gibt es zahllos in den Stores) mit Mobilgeräten kann man schnell und einfach selber „3D“ Fotos herstellen. Dann braucht es nur noch eine Cyan-Mangenta Brille die man als Pappversion im Netz günstig kaufen kann.
Mit den Kindern kann man schnell herausfinden, was natürlich aussieht und was nicht. Und warum? Eigentlich sehen wir unsere Welt doch schon 3D, warum also noch mal Technik und Brillen zwischenschalten. Das liegt einfach daran, dass wir in einer 2D Darstellung von Bildschirmen und Papieren in die 3D Welt wollen. Das geht ohne den Trick mit 2 Bildern (für jedes Auge eines) nicht. Legen wir die Bilder in Orgiginalformat übereinander, brauchen wir eine Brille, die die Bildinformation für jedes Auge filtert. Haben wir 2 Bilder nebeneinander, brauchen wir Linsen, die uns die Verzerrung wieder optisch grade rücken. Nach diesem Einstig kann man die unterschiedlichen Techniken der Stereoskopie vermitteln und am Ende natürlich auch selber eine Cardboard fürs eigene 3D Erlebnis basteln.
Je natürlicher die Bilder wirken, je weniger lehnt sich der Rest des Körpers dagegen auf. Spielt man später mit selbstgebastelten Cardboards sogar bewegt Spiele wird man schnell merken, dass unser Köper sehr schnell darauf reagiert, wenn etwas nicht „natürlich“ ist oder Bewegung und Bild nicht super zusammenpassen.
Online-Kurs: Making mit Kindern – VR-Brille und DIY-Projektor – Teil 4/7
In der vierten Einheit des Online-Kurses „Making. Kreatives digitales Gestalten und Experimentieren mit Kindern“ dreht es sich um den Bau von zwei Gadgets für das Smartphone: Die VR-Brille und einen DIY-Projektor.
Um das geht’s | VR-Brille und DIY-Projektor |
Zielsetzung | Es wird gebastelt, gezeigt wie VR-Brillen und DIY-Projektoren gemeinsam mit Kindern gut gelingen und v.a. wird einfach ausprobiert. Auch in dieser Folge geht es darum, es selbst auszuprobieren. |
Einheit | Teil 4/7 des Online-Kurses |
Der Kurs | Die siebenteilige Kurs „Making. Kreatives digitales Gestalten und Experimentieren mit Kindern“ ist eine Einführung in unterschiedliche Making-Werkzeuge und -Aktivitäten für Kinder in der Schule und Freizeit. Der Kurs stellt dabei ausgewählte Werkzeuge der Making-Bewegung vor, gibt konkrete Beispiele für ihren Einsatz, nennt Herausforderungen und gibt Tipps für die Umsetzung. Der Kurs wendet sich dabei explizit an Einsteiger/innen, d.h. Personen, die selbst bisher noch keine Erfahrungen mit den Werkzeugen haben. Mehr zum Hintergrund am Ende des Beitrags. |
Virtuelle Realität zum Selbermachen (Handbuch Making-Aktivitäten)
Aus Pizzakartons werden eigene Virtual-Reality-Brillen gebaut und mit Hilfe einer Kamera-App erste Inhalte erstellt.
Setting | Projektarbeit in der Schule, Jugendeinrichtung, Kulturzentrum |
Dauer | drei bis vier Schulstunden/ drei Zeitstunden |
Zielgruppe | Kinder ab der 5.Klasse / Jugendliche ab 10 Jahre (für den Bau der Brille: ab 8 Jahren) |
Zielsetzung | Verständnis für Stereografie, Einführung in das Thema Virtuelle Realität |
Notwendige Ausstattung |
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Aufwand | ca. 120 Minuten |
Papp-VR – Datenbrillen einfach selber machen
Papp-VR ist eine ziemlich coole Idee. Anstelle einer Datenbrille wie zum Beispiel der Oculus Rift, verwendet man einfach eine Halterung aus Pappe, in die man das Handy als Bildschirm setzt. Das einzige was man noch zusätzlich benötigt sind zwei optische Linsen aus Kunststoff und schon kann man in virtuelle Welten “tauchen”. Mit dem Cardboard hat Google diese Idee auf der I/O14 bekannt gemacht. Kurze Zeit später kursierten bereits einige Nachbauten der Brille. Wir von medien+bildung.com fanden die Ideen ziemlich gut und wollten sie auch in unseren Workshops einsetzen. Aber Kosten zwischen 15 und 25 Euro pro Stück, fanden wir für ein bisschen Pappe immer noch recht teuer. Außerdem wollten wir, dass man in Workshops nicht einfach nur ein paar fertige Teile zusammensetzen, sondern sich aktiv mit dem Thema auseindersetzen muss. Darum haben wir eine Selbstbauanleitung für Papp-VR entwickelt und ins Netz gestellt.
Von der Idee zum medienpädagogischen Konzept
Aus der Idee, eine Bauanleitung für Papp-VR zu erstellen, ist ein kleines Projekt geworden. Unter mein-guckkasten.de wollen wir Methoden und Ideen sammeln, um Papp-VR-Brillen im medienpädagogischen Bereich einzusetzen. Um selber solche Brillen bauen zu können, findet ihr bei uns eine Bastelvorlage. Ihr könnt sie einfach ausdrucken und auf einen Pizzakarton kleben (am besten mit Sprühkleber). Anschließend werden die Teile ausgeschnitten und zusammengeklebt. Das einzige Problem sind die optischen Linsen. Da diese nicht ganz einfach zu bekommen sind, haben wir uns entschlossen auch die Linsen über unsere Seite zu vertreiben. Das Angebot an Methoden ist noch überschaubar, wir arbeiten aber daran und hoffen auch auf die ein oder andere gute Idee von euch. Natürlich werden alle namentlich benannt, die uns mit Ideen und Tipps unterstützen. Alle Materialien auf mein-guckkasten.de stehen unter CC-BY. Ihr könnt die Bastelvorlage gerne nach euren Vorstellungen anpassen.
Erste Erfahrungen: Durch Basteln der Brille wird die Technik und das Thema (be)greifbar
Unsere ersten Erfahrungen in Workshops waren ziemlich positiv. Die Teilenehmer/innen verstehen durch den Bau einer eigenen Datenbrille nicht nur wie die Brillen funktionieren sondern setzten sich aktiv mit dem Thema Virtual Reality auseinander. Einige Jugendliche sehen die Entwicklung dieser Technik durchaus kritisch und sprechen über ihre Befürchtungen. Andere entwickeln eigene Ideen, wie die Technik eingesetzt werden kann. Wir glauben, dass der Bau eigener Papp-VR-Brillen ein guter Einstieg ins Thema ist. Mit weiteren Übungen, wie zum Beispiel die Erstellung von Kugel-Panoramen mit der google Kamera-App, können die Teilnehmer/innen bereits eigene Inhalte produzieren und merken, dass die Technik nicht nur zum Spielen geeignet ist.
Virtual Reality: ein Thema für die Medienpädagogik?
Noch vor wenigen Jahren wurde Virtual Reality (VR) als reine Science-Fiction abgetan. Zu teuer, zu umständlich, zu komplex: nicht für den Massenmarkt geeignet! Die Prognosen von vielen Experten und Expertinnen sahen eher das Thema Augmented Reality (AR) in den Startlöchern. Sie gingen davon aus, dass schon bald viele Menschen lieber ihre Umwelt durch ein Smartphone betrachten, um die Realität durch digitale Informationen im Display zu ergänzen, als das sie in rein virtuelle Welten abtauchen. Doch gerade das Smartphone brachte Bewegung in die Sache. Denn durch dessen Massenproduktion wurden die benötigten hochauflösenden Displays und Sensoren erschwinglich. Plötzlich ist das Thema so aktuell wie noch nie. Auch für die Medienpädagogik zeichnet sich ab, dass hier ein Thema aufkommt, das die Fachwelt in den kommenden Jahren beschäftigen wird. Am wahrscheinlichsten ist, dass es im Bereich Games ein großes Thema wird und hier recht bald vorallem die möglichen Gefahren in den Fokus mediader Berichterstattung geraten. Für die Medienpädagogik wird es auch Interessant sein, die Potentiale dieser Technik im Bereich der Bildung und Gestaltung auszuloten.
VR – ein Thema mit Vorlaufaber, aber aktuell mit rasanter Entwicklung
In den 90er Jahren beflügelte das Thema Virtual Reality die Kinowelt. Filme wie der Rasenmähermann vermittelten den Eindruck, dass die Technik zum Greifen nahe sei und wir alle bereits zu Beginn des 20sten-Jahrhunderts in virtuellen Welten leben. Doch lange Zeit blieb die teure Technik Universitäten und Entwicklungsabteilungen vorbehalten. Das Interesse in der Öffentlichkeit schwand und es wurde ruhig um das Thema. 2012 macht in den Kreisen einiger Technikenthusiasten das Startup-Projekt Oculus Rift von sich Reden. Das Projekt verspricht durch Smartphone-Technologie, eine VR-Brille für den Consumerbereich hervorzubringen. In kurzer Zeit wird das Projekt über Kickstart finanziert. Als Facebook im Jahr 2014 mit 2 Milliarden Dollar das Projekt kauft, wird eine Diskussion über die Grundsätze des Crowdfunding ausgelöst und das Thema gerät in das Bewusstsein einer breiteren Öffentlichkeit.
Durch diese Entwicklung kommt auch Sony aus seiner Deckung und stellt das Projekt Morpheus vor. Bei ihrer VR-Brille für die Playstation 4 nutzt das japanische Unternehmen blaue Positionslichter, die das Head Tracking in Kombination mit ihrem Kamerasystem erheblich verbessern soll. Fast parallel zu diesen Entwicklungen macht Stefan Welker mit seinem Projekt Open Dive auf sich aufmerksam. Er verfolgte einen noch radikaleren Plan als die Macher der Oculus Rift: Eine Kunststoff Brille aus dem 3D-Drucker, in die man einfach ein Handy einsetzen kann. Das Tracking erfolgt mit den im Handy integrierten Sensoren für die Positionsbestimmung und die Beschleunigungsmessung. Welker entwickelt seine Idee weiter und veröffentlichte schließlich unter dem Markennamen Durovis ein kommerzielles Produkt mit einem eigenen SDK.
Angeregt durch die Durovis Dive planen Mitarbeiter/innen von Google für die I/O Entwicklerkonferenz 2014 eine besondere Überraschung. Sie greifen die Idee der Open Dive-Brille auf und entwickelten einen einfachen Bausatz aus Pappe, den man mit wenigen Handgriffen zusammen bauen kann. Passend zu dem auf den Namen Cardboard getauften Bausatz stellten die Entwickler auch gleich eine App zu Verfügung, mit der verschiedene Anwendungsideen der virtuellen Realität vorgestellt werden. Auch diese Entwicklung zeigt, welches Potential sich aktuell hinter dem Thema verbirgt. Einige Experten/innen (u.A. c´t 4/2015, S. 80 ff.) sehen gar das Jahr 2015 als das Jahr der virtuellen Realität.