Monster in der Kurstadt – Trickfilmproduktion im Stadtzentrum (Handbuch Making-Aktivitäten)

Im Projekt „Monster in der Kurstadt“ haben zehn 8- bis 13-jährige Kinder in Bad Reichenhall einen Trickfilm produziert. Wer die Monster sind und was sie in der bayerischen Kurstadt in den Berchtesgadener Bergen erleben, wurde im Rahmen des gleichnamigen Projekts ausgedacht und entwickelt.

Setting Offene Jugendeinrichtung /-initiative
Dauer Fünf zwei- bis vierstündige Vorbereitungstreffen (ggf. kumuliert), ein Drehtag, ca. ein Tag für Schnitt und Vertonung, ggf. Vorbereitung der Vorführung – ein Zeitraum von mehreren Wochen ist sinnvoll, insbesondere um ggf. Drehgenehmigungen einholen zu können.
Zielgruppe 10 bis 12 Mädchen und Jungen im Alter von 9 bis 12 Jahren mit Interesse an der Videoarbeit
Zielsetzung Interesse an der kreativen Videoarbeit wecken, Partizipation von Kindern am Geschehen in der Stadt
Notwendige Ausstattung Technik: Zwei Tablets mit einer Stop-Motion-App, eine Digitalkamera (für die Dokumentation), Computer zum Schneiden
Aufwand Hoch, insbesondere der Dreh und der Schnitt, niedrig/mittel: Einarbeitung in Technologien (variabel)

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Vorbereitung

Im Falle dieses Projekts ging die Vorarbeit mit den Jugendlichen schon sehr früh los. Im Rahmen der Initiative „Ich zeig es Dir – hoch 2“ wurde im Rahmen eines offenen Jugendprojekts die Lernvideoproduktion mit Tablets erarbeitet, besonders der Trickfilm hat die Teilnehmer/innen begeistert. Für die Bewerbung um eine Projektförderung im Rahmen des Programms „In Eigener Regie“ (vom JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis und der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien) haben sie daher einen kurzen, spannenden Trailer gedreht (dafür nutzten sie eine Vorlage in der App iMotion für iOS). Dabei bewarben sie die Idee, einen Film mit den Arbeitstitel „Monster in der Kurstadt“ zu drehen, indem gruselig-spannungsreich vom ominösen Geschehen rund um die Monster in der Kurstadt berichtet wurde. Eine konkrete Idee für den Inhalt des Films oder das Drehbuch lag aber zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht vor.

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Ablauf

Organisatorisch wurde der Dreh im Rahmen von fünf zweistündigen Vorbereitungstreffen vorbereitet: (a) Information und Ideenentwicklung, (b) Ortsbegehung und Drehgenehmigungen einholen (c) Druck der T-Shirts und Fertigstellung der Monsterpuppen, (d) Üben der Trickfilmtechnik (mit iPads/ App iMotion) sowie Bewegungsstudien mit den Monsterpuppen, und schließlich (e) Entwicklung der Idee, des Drehbuchs und des Drehplans.

Der Drehtag war ein heißer Julitag, für den Kurzfilm nahmen wir insgesamt sechs Stunden lang mit Hilfe von zwei iPads auf Stativen unterschiedliche Szenen auf. Schließlich traf sich ein Teil der Kinder zum Grobschnitt und alle segneten dann ab, sodass nur von ihnen freigegebene Szenen veröffentlicht wurden. Neben diesen acht Treffen galt es natürlich die Monster selbst zu produzieren und für den Feinschliff des Videos zu sorgen, sowie die Abschlusspräsentation im Park-Kino organisatorisch und technisch vorzubereiten, wobei auch weitere einzelne Kinder unterstützten. Insbesondere die Bewerbung des Events – schließlich wünscht man sich ja auch Gäste bei einer Premiere im Kino – war eine zeitintensive Angelegenheit.

Technisch kamen beim Videodreh des Kurzfilms zwei iPads zum Einsatz, für die jeweils ein Stativ mit passender Halterung, mit der die iPads gut fixiert werden können, ausgerüstet wurden. Genutzt wurde die App „iMotion“, wobei hier auch andere Tablets und Stop-Motion-Apps eingesetzt werden können. In jedem Fall ist jedoch auf eine gute Möglichkeit zu achten, die Kamera ruhig zu positionieren (Stativ mit Halterung), ggf. sollten Smartphone mit Gafferklebeband fixiert werden. Für den Dreh der Dokumentation, also u.a. den Interviews mit den Passanten wurde eine Videokamera verwendet. Für den Schnitt kam iMovie am iMac zum Einsatz. Prinzipiell sollte hier jeweils auf eine Ausstattung zurückgegriffen werden, die leicht verfügbar ist. Das technisch Praktische an einem Trickfilm ist, dass relativ wenig Daten (einzelne Fotos) verarbeitet werden müssen. Für die Vertonung haben wir Musik recherchiert und ausgewählt, die entsprechend genutzt werden darf.

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Dass wir mitten in der Stadt ein Video drehen, war dabei nicht allein ein „künstlerischer“ Einfall, sondern wesentliches Prinzip des Projekts. Das Projekt sollte auf die Anwesenheit von Kindern und ihrer Bedürfnisse und ihrem Wirken im von älteren (Kur-)Gästen dominierten Stadtbild aufmerksam machen und sie als Akteure im Stadtzentrum sichtbar machen. Daher wurde die Projektentwicklung, v.a. der Drehtag in der Stadt, zusätzlich mit einer Videokamera dokumentiert und zum Beispiel Interviews mit Passanten gemacht. Dass die Monster allerhand (verbotenen) Unsinn machen, beispielsweise im Kurbrunnen baden, ist dabei doppelsinnig: So möchten das natürlich auch die Kinder machen – und auch manche Passanten gestehen sich, den Monstern oder den Kindern, zu auch mal gerne Unsinn zu machen. Die gesamte Dokumentation ist im Internet zugänglich. Der partizipative Charakter des Projekts zeigt sich schließlich auch in den zahlreichen Kooperationen, die, nicht zuletzt durch die Notwendigkeit der Drehgenehmigungen, oft erst während des Projekts entstanden: So konnten von der Technischen Universität Graz eine hochwertige Digitalkamera ausgeliehen werden und in Hotels, Restaurants, Cafés, die Kurverwaltung sowie bei der Stadt Bad Reichenhall wurden entsprechende Drehgenehmigungen eingeholt.

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Für die Kinder war dabei ein echter Höhepunkt, dass das Reichenhaller Kino, das regional bekannt für seine Engagement für die Kinokunst ist, ermöglichte, dass die Premiere im großen Saal stattfinden konnte, es also eine echte Kino-Premiere gab. Mit dem Projekt gewann die Gruppe schließlich auch den bundesweit ausgeschriebenen Videopreis für Kinder und Jugendliche „Ohrenblick mal!“ 2013 in der Kategorie „Gruppe“.

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Mögliche Varianten und Ergänzungen

Die Dokumentation des Projekts als eigene Videos ist aufwändig und muss, z.B. bei anderen Zielsetzungen, auch nicht umgesetzt werden. Auch die Wahl der Stop-Motion-App oder die Ausstattung ist variabel.

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Tipps und Tricks

Die Aufnahmen im öffentlichen Raum sind eine rechtliche Herausforderung – zumal wir uns damit bisher kaum auseinandergesetzt hatten. Zum einen ist es nicht so, dass man einfach so Leute filmen bzw. diesen Film veröffentlichen darf, wenn sie sich im „öffentlichen Raum“ befinden. Ausnahmeregelungen gelten hier bei größeren Anzahl von Menschen, die sich beispielsweise ein Denkmal ansehen, das man eben fotografieren möchte, aber das quasi nicht ohne die Betrachter/innen möglich ist. Durch die Trickfilmtechnik sind im Monster-Video Passanten nur zum Teil erkennbar und sollten dann über die Aufnahmen Bescheid wissen. Und sie waren auch nur ein Beiwerk: Im Zentrum der Aufnahme standen die Monster. (Ehrlich gesagt wissen wir nicht, ob diese Argumentation bei einer juristischen Auseinandersetzung statt halten würde.)

Interviewpartnerinnen und Interviewpartner wurden vor laufender Kamera (noch einmal) gefragt, ob sie einverstanden sind, dass diese Aufnahmen im Internet veröffentlicht werden. Dieser pragmatische Tipp, dazu keine schriftlichen Formulare zu nutzen (die auch noch einmal abschrecken könnten), kam von einem Filmteam eines großen Fernsehsenders. Die Empfehlungen, die man rund um solche Aufnahmen im öffentlichen Raum im Internet findet, sind leider nicht immer eindeutig, aber wir haben z.B. auch den Rat befolgt, sichtbar als Drehteam aufzutreten. Alle Teilnehmer/innen trugen z.B. rote T-Shirts mit einem Monster und die Filmplakate mit sich.

Neben der Beachtung der Persönlichkeitsrechte von Passanten haben wir schon im Vorfeld schriftliche Drehgenehmigungen bei der Stadt sowie allen Hausherren eingeholt. Die Drehgenehmigungen sind nicht nur von den Unternehmerinnen und Unternehmern, in deren Räume oder deren Häuser wir von außen gefilmt haben, einzuholen, sondern auch von der Stadt bzw. der Verwaltung der Parks. Natürlich hatten wir am Drehtag auch Informationsmaterial dabei und Kopien der Drehgenehmigungen. Die Drehgenehmigungen zu bekommen, klappte erstaunlich reibungslos. Aber im Kurpark kam gleich eine Parkaufsicht, um sich zu erkundigen, was wir machen – und wollte unsere Drehgenehmigung sehen. Für die Kinder war dies ein echter Höhepunkt: Im Kurpark ist das, was die Monster machen (Skateboard fahren, im Brunnen baden) ja eigentlich, verboten.

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Raum für kreatives Gestalten

Während des ganzen Projekts, nicht zuletzt beim Schnitt und der Vertonung, konnten die Teilnehmer/innen kreative und originelle Ideen einbringen, diskutieren und verwirklichen. Auch nachdem die Idee – einen Trickfilm mit Monster-Puppen zu produzieren, die zeigen, was sie in der Stadt so machen – fixiert war, gab es insbesondere auch beim Dreh noch zahlreiche spontane Einfälle.

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Weitere Materialien dazu

Anmerkung: Der Text wurde in ähnlicher Form bereits unter der Lizenz CC BY SA auch an folgender Stelle veröffentlicht: Sandra Schön und Martin Ebner (2013). Trickfilmproduktion in der Fußgängerzone – Making-Of „Monster in der Kurstadt“. In: Medienpädagogik Praxisblog, 14.10.2013, URL: https://www.medienpaedagogik-praxis.de/2013/10/14/trickfilmproduktion-in-der-fussgaengerzone-making-of-monster-in-der-kurstadt/


cover_handbuch_klein Dieser Beitrag ist ein Ausschnitt aus dem Buch „Making-Aktivitäten mit Kindern und Jugendlichen. Handbuch zum kreativen digitalen Gestalten“ (herausgegeben von Sandra Schön, Martin Ebner und Kristin Narr, März 2016). Das Buch steht seit 1.3.16 komplett als PDF offen lizenziert zur Verfügung (http://bit.do/handbuch) und ist auch als Printausgabe im Buchhandel erhältlich (ISBN 9783739236582). Das Handbuch entstand im Rahmen einer Kooperation des BIMS e.V., der Technischen Universität Graz, von Kristin-Narr.de, des Medienpädagogik Praxisblog, des fsm e.V. und seinem Projekt „Medien in die Schule“ sowie mit Unterstützung der HIT-Stiftung.

Sandra Schön Kurzbio
ist Senior Researcher bei Salzburg Research (Abt. InnovationLab), leitet regelmäßige Praxisprojekte beim BIMS e.V., studierte Pädagogik, Psychologie und Informatik an der LMU München (M.A./Dr. phil.). Interessensschwerpunkte: Offene Bildungsressourcen (OER), Lernvideos, Videoarbeit, Maker Movement, Partizipation. Mehr im Weblog: http://sandra-schoen.de.
Verfasst am 08.06.2016
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