Anonym, verschlüsselt und fast unsichtbar im Netz

Manche Dinge sind beim ersten Lesen unglaublich: Ein Computersystem, das vom Stick gebootet werden kann, den/die Nutzer_in (über Tor) anonymisiert, Verschlüsselung für Mails und Daten mitbringt, alle Benutzungsspuren verschleiern kann – und das Ganze noch kostenlos und relativ leicht zu installieren. Als ich zum ersten Mal von Tails gelesen habe, dachte ich, das ist nicht möglich oder kann nicht sicher sein. Und nachdem ich das System nun ausprobiert habe, bin ich überzeugt, dass es was Gutes ist.

Tails, kurz für «The Amnesic Incognito Live System», basiert auf einer Linux-Variante und ist ein Softwarepaket, was in allen Aspekten für sehr weitreichende Datensicherheit optimiert ist:

  • Die Installation beinhaltet einige Sicherheitshürden. Dadurch ist sie sicher das Aufwändigste an der gesamten Nutzung, aber immer noch um Vieles leichter als die enthaltenen Tools im Einzelnen.
  • Die Nutzung an sich ist recht sicher möglich, weil Tails als so genanntes Live-System auf einem nichtbeschreibbaren Datenträger laufen kann.
  • Die enthaltene Software bietet fast alles was das Herz von für Netzsicherheit Überzeugten höherschlagen lässt: Torbrowser, PGP, Messenger, Passwortmanager, …
  • Nach der Benutzung werden alle Speicher überschrieben, um Spuren zu verwischen.
  • Und einiges mehr.

Sehr schön ist, dass es neben der generell großen Usability eine sehr umfangreiche Dokumentation gibt, die alle Funktionen Schritt für Schritt erklärt und dabei die relevanten Sicherheitsaspekte berücksichtigt. Das ermöglicht nicht nur die sichere Nutzung, sondern bietet auch zahlreiche Lerngelegenheiten.

Tails ist sicher vor allem etwas für Politaktivist_innen und alle Menschen, die im Netz zeitweise sicher unterwegs sein wollen, aber nicht das KnowHow und/oder die Zeit für die entsprechende Installation haben.

Aus meiner Sicht bietet die Software dennoch mindestens zwei Aspekte auch für die Medienpädagogik: Es kann für Projekte genutzt werden, wo es um sichere Kommunikation geht und wo schnell ein umfassend lauffähiges System gebraucht wird. Und es ist eine gute Empfehlung für Jugendliche, die auf der Suche nach mehr Sicherheit für ihre individuellen Aktivitäten sind.

Die Software ist aktuell neu in der Version 2.0 erschienen. Golem hat in diesem Zusammenhang eine Rezension veröffentlicht.

Eike Rösch Kurzbio
ist Dozent für Medienbildung an der Pädagogischen Hochschule Zürich und war zuvor mehrere Jahre als Medienpädagoge in der Jugendarbeit tätig. Er arbeitet an seiner Promotion an der Universität Leipzig zu Jugendarbeit in der digitalen Gesellschaft und hatte und hat Lehraufträge verschiedener Hochschulen.
Verfasst am 19.04.2016
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