Politische Bildung mit digitalen Medien
Netz-B besteht aus drei Bausteinen, die verschiedene Arten von Plattformen für politisches Engagement Jugendlicher darstellen:
1. In dreitägigen Workshops wird erarbeitet, welche Möglichkeiten des politischen und insbesondere regionalen Engagements und der Mitgestaltung es durch digitale Medien (speziell das Internet) gibt. Die Jugendlichen führen eigene praktische Projekte durch, um das erworbene Wissen anzuwenden. Zu Beginn des Workshops wird in das Thema politische Beteiligung mit digitalen Medien eingeführt – so bekommen die Teilnehmenden einen Überblick über digitale Werkzeuge und Plattformen für ihr Engagement.
Entweder bringt die Gruppe ein spezifisches Thema (etwa Rechtsextremismus, Diskriminierung, regionales Engagement) mit, oder sie einigt sich zu Beginn auf einen Fokus. Die Jugendlichen arbeiten dann in Kleingruppen an selbst gewählten Projekten mit unterschiedlichen ausgewählten Techniken und Werkzeugen des Web 2.0 (Social Media-Anwendungen, kollaboratives Arbeiten, Inhalte recherchieren und visualisieren, Twitter, Wikis, Podcasts, Visualisierungen, Infografik- Tools, Comics, Collagen, Storytelling et cetera). Gleichzeitig begleiten sie den Workshop mit einem Blog. So können sie dokumentieren was passiert und lernen parallel, wie Bloggen funktioniert.
Über die Arbeit im Internet findet gleichzeitig auch eine Auseinandersetzung mit dem Thema Datenschutz und Sicherheit statt. Dies kann beispielsweise vertieft werden durch einen Exkurs zum Thema „Datenschutz bei Facebook“ oder über die Betreuung in den Kleingruppen. Die praktische inhaltliche und kreative Arbeit sowie das sich Erproben stehen im Mittelpunkt – das Vortragen durch die Teamenden sollte deshalb nicht Überhand nehmen. Die Arbeitsergebnisse werden am Ende in der Gruppe präsentiert und auf dem Workshop-Blog veröffentlicht. So wird auch Feedback von außen ermöglicht.
2. Jugendliche organisieren zusammen mit der Projektleitung ein dreitägiges JugendPolitCamp im Sinne eines BarCamps („Un-Konferenz“). Ein Barcamp ist eine offene, selbstbestimmte Tagung. Ablauf und Inhalte werden von den Teilnehmenden im Verlauf selbst entwickelt und durchgeführt. In einzelnen Sessions (etwa 45 Minuten) werden potenziell alle Teilnehmenden selbst zu Workshop-Leiterinnen und -Leitern, Fragenden und Diskussions-Anregerinnen und -Anregern – das Barcamp ermöglicht viele Formate. Die Sessions werden täglich gemeinsam festgelegt und orientieren sich am Interesse der Teilnehmenden – alle können eine eigene Session anbieten. Praktisches und politisches Engagement stehen im Mittelpunkt, Techniken und Methoden des Web 2.0 werden vor, während und nach der Veranstaltung integriert (Öffentlichkeitsarbeit, Live-Berichte während der Veranstaltung über Facebook und Twitter, gemeinsam erstellte Protokolle mit Etherpads et cetera).
Elementar für die Planung eines Barcamps ist die Suche nach passenden Räumlichkeiten. Einen Veranstaltungsort mit mehreren Räumen zur Verfügung zu haben ist wichtig, um verschiedene Sessions gleichzeitig stattfinden lassen zu können. Das Barcamp kann frei ausgeschrieben werden oder sich an eine bereits bestehende Gruppe richten. Die Planung im Vorfeld mit Jugendlichen gemeinsam soll ihnen Lernerfahrungen ermöglichen und eine Veranstaltung nach ihren Interessen ermöglichen, ist aber natürlich nicht unerlässlich.
3. Im Internet wird für und mit Jugendlichen eine Plattform etabliert, um in regionale Diskurse einzugreifen, politische Forderungen zu artikulieren und gleichzeitig die Prozesse und Arbeitsergebnisse der genannten Veranstaltungen laufend zu dokumentieren und der Öffentlichkeit nachhaltig verfügbar zu machen. Bei Netz-B steht dieser Projektbaustein noch am Anfang, daher wird die Plattform redaktionell zur Zeit nur von der Projektleitung betreut. Im weiteren Verlauf wird darauf deshalb nicht eingegangen.
Zielgruppe
- Jugendliche
- Fachkäfte
Eingesetzte Medien
- Foto
- Video
- Audio
- Web
Ziele
- Reflexion
- Exploration
- Artikulation
- Medienanalyse und -kritik
Varianten, Erweiterungen, Modulationen
Aufgrund des kurzen Zeitraumes (Projektstart Juli 2011) liegen uns wenige Erfahrungen über Varianten, Erweiterungen und Modulationen vor. Das Barcamp-Format sowie die Workshops können zu verschiedensten Themen mit unterschiedlichen Zielgruppen durchgeführt werden. Netz-Bildung ist sicherlich auch für ältere Zielgruppen ein aktuelles Thema. Somit ließe sich beides auch mit interessierten Erwachsenen durchführen. Beim Barcamp ist zudem auch eine Mischform mit jugendlichen und erwachsenen Teilnehmerinnen und Teilnehmern und Expertinnen und Experten denkbar.
Ein Barcamp lässt sich auch in andere Veranstaltungen einbauen, indem man einen halben Tag in Form eines Barcamps durchführt. Beide Formate können entweder mit einer Übernachtung der Gruppe vor Ort oder auch mittels täglichem Zusammentreffen durchgeführt werden. Aktuelle technologische und politische Entwicklungen fließen in die Arbeit laufend mit ein, sei es die Zunahme der Bedeutung mobiler Endgeräte oder relevante gesellschaftliche oder politische Debatten.
Tipps & Tricks
Workshops
Die Arbeit mit Social Media-Werkzeugen stößt bei den Jugendlichen auf großes Interesse. Viele der digitalen Werkzeuge sind ihnen bislang nicht bekannt. Einige haben Berührungsängste, die wenigsten kennen sie aus der Schule oder ihrem täglichem Umgang mit Computern. Es geht in den Workshops neben politischer Bildung auch darum, den Handlungsspielraum im Internet zu vergrößern und Jugendliche zum aktiven, kreativen Umgang damit zu ermutigen. Die Workshops sind eine gute Möglichkeit, mit Jugendlichen zu politischen Themen zu arbeiten und gleichzeitig ihre Medienkompetenz zu erweitern.
Barcamp
Barcamps haben sich als Veranstaltungsformat v.a. im Bereich neuer Medien in Bezug auf verschiedene Schwerpunkte etabliert. Unter 27-Jährige sind an diesen bisher jedoch kaum aktiv beteiligt. Die aktive Vorbereitung durch Jugendliche selbst und die Teilnahme daran wollen wir realisieren. Die Teilnehmenden sowie das Orga-Team, für die die Offenheit des Veranstaltungsformates fremd war, waren begeistert von den Möglichkeiten, die es bietet. Sie fühlten sich ermutigt, viele eigene Ideen einzubringen. Wir konnten eine Vielfalt von Themen bearbeiten und nachhaltig dokumentieren.
Schwierigkeiten
Workshops
Mehrere digitale Werkzeuge parallel im Einsatz zu haben, ist eine technische Herausforderung. Unter Umständen können sich hier Probleme in der Anwendung ergeben. Gegebenenfalls sollte man sich deshalb auf einige wenige Werkzeuge fokussieren, die den Durchführenden gut vertraut sind.
Barcamp
Eine Herausforderung bei unserem ersten JugendPolitCamp war die Zeitplanung. Bei einer Fülle von Themen, zu denen gearbeitet wird, ist das Einhalten der Zeiten und die Abgrenzung der einzelnen Sessions untereinander nicht immer einfach. Hier ist zum einen an die Eigenverantwortung der Teilnehmenden zu appellieren. Zum anderen sollten die Durchführenden auch selbst darauf achten, dass die Zeiten eingehalten werden. Die Themenvielfalt erfordert zudem ein immer wieder neues Sich-Einstellen, nicht nur auf unterschiedliche Themen, sondern auch verschiedene Gruppenkonstellationen und Diskussionsarten. Dies könnte Jugendlichen unter Umständen schwer fallen. Das Organisationsteam sollte dies im Blick behalten und sicherstellen, dass es nicht zu Konflikten kommt, evtl. durch Diskussionsregeln, Redelisten usw..
Feedback
Workshops
Die Methoden- und Technikvielfalt in unseren Workshops bekommt gutes Feedback. Die Erfahrung zeigt, dass Jugendliche zwar mit dem Internet wie selbstverständlich aufwachsen. Sie haben aber nur ein nur sehr begrenztes Repertoire an Nutzungsoptionen insbesondere bei Social Media-Anwendungen und schöpfen auch das Potenzial, das das Internet für die Artikulierung ihrer Interessen bietet, nicht aus. Die Bandbreite der Handlungsmöglichkeiten und das kreative Erproben verschiedenster Techniken und Werkzeuge weckt Interesse und kreatives Potenzial.
Barcamp
Das JugendPolitCamp ist für Jugendliche in der Regel ein neues und unbekanntes Format. Der Selbstorganisation, die ein Barcamp beinhaltet, erfordert Eigeninitiative von den Teilnehmenden, lässt ihnen aber auch viel Raum für die Verwirklichung ihrer eigenen Ideen. Das erste JugendPolitCamp war für die Teilnehmenden eine gute Erfahrung, da sie für sie relevante Themen selbständig diskutieren konnten. Sie haben vielen neue Impulse und Ideen zum Weiterarbeiten mitgenommen.
Checkliste
Workshops
Raum und Zeit
- Zwei bis drei Tage, je circa sechs Stunden
- Räume, in denen Computerarbeitsplätze eingerichtet werden können und die sich für Gruppenarbeit eignen
Gruppengröße
- Zehn bis 25 Teilnehmende
- Zwei Teamende
Anforderungen an die Durchführenden
- Kompetent in Social Media-Anwendungen und deren Einsatzbereichen
- Sattelfest in Bezug auf Möglichkeiten undGefahren aktiver Beteiligung im Netz
- Qualifiziert für thematischen Schwerpunkt, falls im Vorfeld ein inhaltlicher Fokus festgelegt wird
Hard- und Software
- Computer mit Internetzugang für Kleingruppen
- Beamer für Präsentationen im Plenum
- Ggf. Kameras und Audioaufnahmegeräte
für Fotos/Videos/Podcasts
- Nützlich ist eine Zusammenstellung verschiedener für Jugendliche interessanter digitaler Werkzeuge, Webseiten, Plattformen usw., um während des Workshops darauf zurückgreifen zu können
Barcamp
Raum und Zeit
- Zwei bis drei Tage/ein Wochenende, eventuell auch eintägig
- Mehrere Räume für Kleingruppen, ein größerer für die Ablaufplanung im Plenum, bestenfalls Übernachtungsmöglichkeiten vor Ort
Gruppengröße
- Ab zehn Personen aufwärts Anforderungen an Durchführende
- Vertrautheit mit dem Prinzip und den Anforderungen an ein Barcamp; möglichst bereits eigene Teilnahmen
- Erfahrungen in der Moderation von Veranstaltungen
- Themenoffenheit
Hard- und Software
- Computer mit Internetzugang und Beamer in den einzelnen Räumen
- WLAN-Infrastruktur für eine ausreichende Anzahl von (u.U. auch selbst mitgebrachten) Einzelrechnern in den Räumen, um eine laufende Kommunikation während der und über die Veranstaltung zu ermöglichen (Twitter, Facebook usw.)
- Ggf. Kameras und Audioaufnahmegeräte
für Fotos/Videos/Podcasts
- Zur Anmeldung und Vernetzung der Teilnehmenden im Vorfeld sowie zur Dokumentation der Arbeitsergebnisse hat sich eine Internetplattform wie www.mixxt.de als nützlich erwiesen
Links & Material
Workshops
gemeinsames Projekt der Bundeszentrale für politische Bildung und des DGB Bildungswerks, Berichte über die Schnittstellen aus der Welt der politischen Bildung und des Internets: pb21.de
Barcamps
englischsprachige Informationen über Prinzip und Geschichte der Barcamps, Tipps und Links zum Veranstalten eigener Barcamps und anstehende Veranstaltungen weltweit: http://barcamp.org
Leitfaden für die Organisation eines Barcamps: www.blog.mixxt.de/index.php/2010/01/29/ leitfaden-fur-die-organisation-eines-barcamps
Den Enthusiasmus für Barcamps bekommt man in der Regel dadurch, selbst einmal an einem solchen teilgenommen zu haben, so versteht man auch besser, wie so etwas abläuft. Hier gibt es eine Übersicht über aktuelle Barcamps: www.barcamps.net
About
Name Birte Frische
Institution ABC Bildungs- und Tagungszentrum e.V.
E-Mail bf@abc-huell.de
Homepage www.netz-b.org, www.abc-huell.de
ABC Bildungs- und Tagungszentrum e.V. ist ein gemeinnütziger Verein für Jugendund Erwachsenenbildung und bietet Seminare für politische, kulturelle und berufliche Bildung an. Themen-Schwerpunkte sind u.a. Respekt und Beteiligung, Arbeit und Zukunftsperspektiven, Kommunikation, Zukunft der Arbeit, Gewaltprävention, Geschlechterverhältnisse, Antirassismus, Öffentlichkeitsarbeit, Ökologie u.v.m.. Die politische Jugendbildung mit digitalen Medien ist ein Schwerpunkt des ABCs, insbesondere werden Video- und Radiowerkstätten zu aktuellen gesellschaftspolitischen Themen, Seminare mit Verknüpfung verschiedener Medienformen und Workshops zum Thema politischer Bildung in und mit dem Internet angeboten.
Birte Frische ist Pädagogin, Ethnologin und Geschlechterforscherin (M.A.). Ihre Arbeitsschwerpunkte sind Medienbildung mit Fokus Internet, politische Bildung, Projektmanagement und Öffentlichkeitsarbeit. Im ABC ist sie als Leiterin von „Netz- Bildung“ für die Gesamtkonzeption und -durchführung des Projekts verantwortlich.