Webprojekte mit WordPress

In der letzten Woche habe ich zum ersten Mal ein medienpädagogisches Internetprojekt mit Jugendlichen durchgeführt, bei dem die Website mit Hilfe von WordPress erstellt wurde. Hier kommt ein kleiner Praxisbericht/Praxistest mit meinen Erfahrungen, Tipps, Lehren und Empfehlungen inkl. eines Vergleichs mit der Arbeit mit Systemen wie Typo3.

Setting und Konzept

Innerhalb von fünf Tagen sollte eine internationale Gruppe innerhalb einer medienpädagogischen Veranstaltung mit mehreren Workshops die Erkenntnisse aus diversen Interviews und Ausflügen auf einer mehrsprachigen Internetseite dokumentieren. Grundlage war eine Installation des WordPress-Basispakets auf einem eigenen Webserver. Davon ausgehend sollten die jugendlichen TeilnehmerInnen sämtliche Aspekte der Webseitenentwicklung (inkl. Plugininstallation und Themegestaltung) selbst übernehmen. Dem lag der Gedanke zu Grunde, dass die Jugendlichen so am Ende nicht nur Wissen über die inhaltliche Arbeit an einer Webseite und der Nutzung eines einfachen CMS haben, sondern auch die Pflege und Installation selbst übernehmen können.

Artikelredaktion im Backend

Das Backend/der Adminbereich von WordPress ist sehr übersichtlich gestaltet, die Möglichkeiten sehr klar angeordnet und bezeichnet. Entsprechend einfach und schnell war die Einführung für die Jugendlichen, die sich alle weiteren Funktionen intuitiv erschlossen haben. Eine wichtige Kleinigkeit die die souveräne Autospeichern-Funktion von WordPress – als WorkshopleiterIn kann mensch sich so immer zurücklehnen und ist vor unangenehmen Datenverlusten bei der Artikelredaktion gefeit.

Bis zum Schluss teilweise (insbesondere für die EinsteigerInnen) schwer zu vermitteln war allerdings der Unterschied zwischen Artikeln und Seiten. Erst während des Projekts hat sich auch herausgestellt, dass das einsprachige Backend für manche eine Hürde darstellt, die die entsprechende Sprache nicht hinreichend beherrschen.

Insgesamt sehe ich bei der Redaktion im Adminbereich aber einen klaren Vorteil für WordPress gegenüber komplexeren Systemen wie Typo3.

Webseitengestaltung

Für Jugendliche ist es wichtig, die eigenen Webseiten nach den eigenen Vorstellungen gestalten und schließlich auch mit allen Gimmicks „pimpen“ zu können. Bei aller Flexibilität von schwereren „Geschützen“ wie Typo3 ist das deren Archillesferse. Hier ist es nämlich nur aufwändig und mit hohen Anforderungen an das technische Vorwissen der Beteiligten möglich, ein Template zu verändern. Das kann Frust und Unzufriedenheit mit dem eigenen Produkt hervorrufen. Anders mit WordPress: Mit dem Themebrowser können die TeilnehmerInnen frei einen neuen Look für die eigene Seiten aussuchen, der schnell installiert ist und relativ unaufwändig veränderbar ist. Womit wir bei der

Technik

wären: Die (technische) Installation von neuen Funktionen (Plugins) und neuer Gestaltung (Themes) ist mit WordPress fast intuitiv zu erledigen, vom Ablauf ähnlich, auch für EinsteigerInnen schnell verständlich und mit wenigen Klicks zu erledigen. Entsprechend gut hat die technische Pflege unserer WordPress-Installation durch die Jugendlichen funktioniert. Ich bin mir sicher, dass auch die Grundinstallation von den Jugendlichen hätte übernommen werden können – das hätte nur eine zusätzliche Unsicherheit für den Workshop-Auftakt bedeutet (mensch weiß schließlich nie, wie sich Server verhalten). Sehr schön gerade für die medienpädagogische Arbeit mit Jugendlichen ist die fast unerschöpfliche Auswahl an Erweiterungen für WordPress. Damit sind fast alle Vorstellungen der TeilnehmerInnen zu realisieren.

Meiner Meinung nach macht es die Einfachheit auch sehr wahrscheinlich, dass die Jugendlichen – sollten sie das wollen – nach einem solchen Workshop auch eine eigene Website umsetzen können. Bei Geschossen wie Typo3 ist das relativ unwahrscheinlich, hier lernen sie meist nur das redaktionelle Arbeiten.

Mehrsprachigkeit

Der heikelste Punkt der Woche: Würde es zufriedenstellend funktionieren, unsere Seite mehrsprachig zu machen? Ja, es gelang, aber hier macht Typo3 im direkten Vergleich einen klaren Punkt.

Mit dem Plugin Gengo wird WordPress sehr (!) leicht mehrsprachig, allerdings ist das Verhalten im Frontend nicht immer komfortabel (je nach Klick erscheinen beispielsweise alle Sprachen auf einmal), auch im Backend werden die Artikel und Seiten (wordpress-typisch) nicht nach Sprachen getrennt, sondern erscheinen in der Liste. In beiden Situationen verliert mensch bei vier Sprachen schnell mal den Überblick. Trotzdem war die Arbeit mit Gengo auch für die Jugendlichen intuitiv und hat recht reibungslos funktioniert, auch wenn es inkompatibel zu manchen Plugins zu sein scheint.

Dennoch ist die konkrete Arbeit an einer mehrsprachigen Seite mit Typo3 weitaus souveräner zu meistern. Gleichzeitig ist hier wiederum die Vorarbeit ungleich aufwändiger.

Fazit

Die Gesamteinschätzung ist natürlich von dem medienpädagogischen Ziel abhängig: Geht es darum, dass die Jugendlichen weitgehend selbst die Technik meistern, einen ausführlichen Blick hinter die Kulissen werfen können und Aussehen und Funktionalität selbst bestimmen? Oder geht es darum, das redaktionelle Arbeiten mit einem (fast) professionellen CMS zu erlernen und sich eher auf die Inhalte zu konzentrieren? Im ersten Fall lautet die Antwort (derzeit) ganz klar WordPress, im zweiten Fall natürlich Typo3.

Darüber hinaus hat sich während meines Projektes für mich gezeigt, dass WordPress ganz große Vorteile bei der Übersichtlichkeit und BenutzerInnenfreundlichkeit hat sowie sehr hilfreiche Funktionalitäten wie das automatische Speichern von Datensätzen bietet. WordPress bleibt also auf jeden Fall zumindest im Rennen wenn es um die Konzeption von zukünftigen Internetprojekten mit Jugendlichen geht.

Eike Rösch Kurzbio
ist Dozent für Medienbildung an der Pädagogischen Hochschule Zürich und war zuvor mehrere Jahre als Medienpädagoge in der Jugendarbeit tätig. Er arbeitet an seiner Promotion an der Universität Leipzig zu Jugendarbeit in der digitalen Gesellschaft und hatte und hat Lehraufträge verschiedener Hochschulen.
Verfasst am 09.09.2008
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