Doppelt bevormundet durch Facebook
Aus gesellschaftlicher bzw. demokratischer Perspektive finde ich nach wie vor den Facebook-Newsfeed eine der problematischsten Aspekte des sozialen Netzwerks: Das Unternehmen entscheidet in einem kaum zu durchschauenden Algorithmus darüber, welche Inhalte die Nutzer_innen sehen sollen und welche nicht. Was ich also in meinem Newsstream sehe, sind nicht die Neuigkeiten, die ich, sondern die Facebook für relevant hält – eine riesige Manipulation von Informationen und Öffentlichkeit.
Eine Meldung der letzten Wochen hat zunächst den Eindruck entstehen lassen, mensch könne sich nun alle abonnierten Informationen ansehen: Facebook bietet einen weiteren Stream an, der «Ungelesene Meldungen» heißt. Wer genau hinschaut, wie etwa mimikama, der/die stellt fest, dass das Angebot eine zweite Bevormundung ist: Es werden Artikel angezeigt, die laut Facebook sehenswert sind, aber noch keine ausreichende Aufmerksamkeit des/der Nutzer_in bekommen haben. Die vermuteten «versteckten» Meldungen bekommen die Nutzer_innen also auch hier nicht zu sehen – eigentlich auch kein Wunder, denn durch das Zurückhalten von Informationen verdient Facebook sein Geld (indem Unternehmen dafür zahlen, dass sie sichtbar bleiben).
Bei aller Häme sind für mich die «Ungelesene Meldungen» auch ein Glücksfall für die Medienpädagogik. Denn sie liefern schönes Anschauungsmaterial, um mit Jugendlichen und Erwachsenen die Manipulation durch Facebook sichtbar zu machen und schließlich zu reflektieren.