Fotostrike – abknipsen statt ausknipsen

Computerspiele in der Medienpädagogik

In der Auseinandersetzung mit Ego-Shootern haben sich in der Medienpädagogik viele Methoden bezüglich Auseinandersetzung mit Gewalt im Spiel oder Spielprinzipien entwickelt. Mit „Fotostrike“ möchte ich hier ein Spiel vorstellen, das man vielfältig weiterentwickeln kann. Die namentliche Nähe zu „Counter Strike“ ist gewollt, da es sich an die dortigen Spielprinzipien und Regeln anlehnt.

Mit Hilfe von Fotoapparaten oder Handys wird ein „Ego Shooter“ im realen Raum gespielt, der Fotoapperat wird zur „Waffe“. Dies dient mir im pädagogischen Arbeiten zur Auseinandersetzung mit dem Thema Gewalt in Spielen, zur Darstellung von Spielprinzipien und manchmal einfach als Spaßfaktor oder als Einstieg in die Fotografie.

Besonderheiten des Spiels

Im Gegensatz zum Original im Computer merkt man als SpielerIn in dieser Form nicht, wenn man „getroffen“ wird. Man muss es „gezeigt bekommen“. Dies ist ein wesentlicher Bremsfaktor in der Spieldynamik, an dem man im Regelwerk arbeiten muss. (Es gibt mittlerweile viele Handyapps, die das Spielprinzip simulieren und diesen Nachteil umgehen, aber nicht immer habe ich passende Smartphones und das nötige Netz dazu.)

Auch ein Faktor: die unterschiedlichen Waffen. Von Handykamera bis Spiegelreflex mit Tele geht alles. Jede Kamera hat ihre Vor- und Nachteile im Kampf und verlangt eine eigene Taktik.

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Spielvarianten

1) Einfach, kurz und schnell umzusetzen

Ziel ist, in der vorgegebenen Spielzeit so viele gültige Fotos von GegnerInnen zu machen wie möglich. Alle TeilnehmerInnen kleben sich ein DinA4 Papier auf den Bauch. Dieses ist die Trefferfläche. Nur wenn diese auf dem Foto zu erkennen ist, gilt der Treffer. Jede Mannschaft hat eine eigene Farbe. Gespielt wird in einem zuvor definierten Spielfeld – Draußen oder Drinnen ist egal – Spielzeit 5 Minuten. Nach 5 Minuten werden die Treffer ausgewertet. Dabei zählen nur sichtbare Trefferflächen und eindeutig erkennbare Personen. Wirklich scharfe Bilder wird es wenige geben.

Spielt man das Spiel im öffentlichen Raum kann noch erschwerend hinzu kommen, dass keine Kollateralschäden – also keine anderen Personen als die Spieler auf den Bildern zu erkennen sein dürfen.
Diese Variante kann man auch Jeder gegen Jeden spielen. Und man kann „Zusatzpunkte“ als Anreiz ins „offene Gelände“ legen, damit die Spieler auch einen Anreiz haben ihre Deckung zu verlassen.

2) Bombe legen

Eine Mannschaft hat die Aufgabe innerhalb einer vorgegebenen Zeit eine Bombe (Eieruhr) auf einen vorher markierten Platz zu legen, die andere Gruppe muss sie entschärfen, indem sie die Uhr der Spielleitung übergeben.

Hierfür braucht es eine Spielleitung mit Megaphon, der/die z.B. allen mitteilt, wenn die Eieruhr scharf ist, bzw. entschärft wurde, oder das Spiel um ist. Die Eieruhr wird auf 3 Minuten gestellt. Klingelt sie, haben die BombenlegerInnen gewonnen, wird sie zuvor der Spielleitung übergeben, ist sie entschärft und die andere Mannschaft hat gewonnen.

Die beiden Mannschaften haben je eine Basis, die am Rand des großzügigen Spielfeldes liegt. In der Basis liegt ein Papier mit Stift und jeder Spieler trägt seinen Namen ein. Wird der Spieler im Spiel von einem Gegner „getroffen“ – muss er zur Basis zurück und bei seinem Namen einen Strich machen. Danach darf er wieder ins Spiel eingreifen.

Sobald ein Spieler einen anderen getroffen hat, hebt er den Arm und ruft den Namen des Gegners. Der hebt auch den Arm und beide können sich die Fotos anschauen. Fotos, auf denen ein Spieler den Arm oben hat gelten nicht. Dies verlangt viel Selbstdisziplin der Spieler, da es auch missbraucht werden kann. Ist ein Treffer nachgewiesen, muss der Getroffene in seine Basis zurück, der andere kann einfach weitermachen. Nach dem Spiel kann man die Striche mit den Fotos abgleichen, wenn es nötig ist.

Weiterentwickeln!

Varianten dazu gibt es sicherlich noch viele, die sich aus Computerspielen ableiten ließen. Genau dies ist das Spannende, sich mit den Spielern weitere Prinzipien auszudenken, und sie in den realen Spielraum zu übertragen.

Erfahrungen

  • Viele SpielerInnen beschäftigen sich plötzlich mit den Funktionen ihrer Kamera, bzw. Kamera Apps.
  • Bei wenig Licht haben viele Kameras Probleme beim Auslösen.
  • Das Spiel verlangt eine hohe Selbstdisziplin der TeilnehmerInnen. Lange Diskussionen über „Getroffen“ oder „Nichtgetroffen“ bremsen den Spielfluss.
  • Alte Kameras kann man super für Fotostrike recyceln.
  • Alte SD Karten (16 oder 32 MB) können die Munition beschränken.
  • Menschen mit Fotolabor können auch Analogkameras mit 36 Schuss (Film) und alten Objektiven nehmen, und die Filme selber entwickeln.
  • Unterschiedliche T-Shirts oder Sport-Leibchen vereinfachen die Erkennung der Mannschaften.
  • Im öffentlichen Raum sollten eher ruhigere Varianten gespielt werden, sonst bekommt man schnell Ärger.
  • Spielt man mit Handys, kann man auch die Telefonnummer auf Bauch und Rücken kleben. Kann ich auf dem Foto die Nummer erkennen, rufe ich die Nummer an oder schicke eine SMS. Das gilt als Treffer. Macht aber nur Sinn bei fremden Nummern, die ich nicht kenne.

Soweit, vielleicht gibt das Anregung weitere Varianten zu entwickeln und hier zu posten.

Zum Autor

Lambert Zumbrägel, Sozial- und Medienpädagoge, arbeitet als Medienfachberatung des Bezirksjugendrings Unterfranken und des JFF und ist Lehrbeauftragter an der FHWS in Würzburg.

Lambert Zumbrägel Kurzbio
Jahrgang 1966, Dipl. Sozialpädagoge und Medienpädagoge aus Würzburg. Seit 1992 in der Jugendarbeit, seit 2008 Medienfachberater beim Bezirksjugendring in Unterfranken.
Verfasst am 23.09.2013
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