Medienarbeit im Geschichtsunterricht

Medienpädagogik im Geschichtsunterricht

„Wärkfest 2012“ von kyrandesa auf flickr.com (cc by-nc-sa)

Mit dem Angebot „Medien im Geschichtsunterricht – Fachspezifische Medienkompetenzförderung für Lehrer im Vorbereitungsdienst (LiV)“ erhalten angehende Lehrkräfte ein Angebot, bei dem sie Recherchestrategien im Netz, Zeitzeugeninterviews und Bildmanipulationen inhaltlich und praktisch anzuwenden lernen. Dabei wird praktisch erprobt, welche Medien mit welchem Ziel sinnvoll in den Unterricht integriert werden können. Die Relevanz von Medien wird abschließend für den eigenen Unterricht diskutiert.

Gewählt werden können folgende Module:
Teil 1: Medienkompetenzförderung durch Handlungsorientierung – Schwerpunkt: BRD/DDR
Teil 2: Vertiefung und Aufgabenformate – Schwerpunkt: Propaganda im Nationalsozialismus

Die Unterrichtsfelder „BRD/DDR – Demokratie und Sozialismus“ und „Nationalsozialismus“ bieten sich an, um Heranwachsenden zu verdeutlichen, dass Demokratie nicht immer selbstverständlich war. Neue Medien bieten Jugendlichen heute viele Möglichkeiten, sich an Diskussionen, Foren und Netzwerken zu beteiligen. Umso wichtiger ist es, Heranwachsenden zu vermitteln, dass es in der Geschichte immer wieder Phasen gab, in denen die freie Meinungsäußerung und die Teilnahme am politischen Leben problematisch waren. Jugendlichen klar zu machen, dass sich hinter geschichtlichen Daten und Fakten, menschliche Schicksale und gelebtes Leben verbergen, ist Teil des Projektes.

Die Workshops des fünfstündigen Studientages geben angehenden Lehrkräften Anregungen für die praktische, einfache Medienarbeit im Unterricht und wichtige Hinweise, wie sie die kommunikativen und sozialen Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler fördern können.

Ablaufplan (exemplarisch) und konkrete Inhalte
a) Modul 1: BRD/DDR

08.30 bis 09.30 Uhr: Begrüßung und medienpädagogische Einordnung

Zielsetzungen der medienpädagogischen Einführung:

  • über das Mediennutzungsverhalten von Kindern und Jugendlichen informieren
  • für die Relevanz medienpädagogischer Arbeit sensibilisieren
  • Facetten und Wege der Medienkompetenzförderung kennen lernen
  • für neue Medien öffnen, anregen und interessieren

Vorstellung der Workshops

1. Internet mit Schwerpunkt: Recherche
Das Internet als Informationsplattform Recherchestrategien und selbstgesteuertes Lernen

2. Foto/Bild mit Schwerpunkt: Bildmanipulation
Für diese praxisorientierte Arbeitsphase stehen verschiedene Fotos zur Verfügung
(Sprung des Soldaten, Bruderkuss, „Ost-„ und „West-Sandmännchen“, Erich Honecker und Helmut Kohl). Aufgabe ist die Bildanalyse und die Bildbearbeitung. Mit Hilfe des Bildmaterials soll eine Fotokollage zu dem Thema BRD/DDR erstellt und dazu eine Titelunterschrift gefunden werden. Im Anschluss werden die Ergebnisse gegenübergestellt und reflektiert.

3. Audio mit Schwerpunkt: Zeitzeugeninterview
Der Workshop mit dem Schwerpunkt Audio konzentriert sich auf zwei auditive Bereiche:
1. Audiofiles nutzen und das Zuhören, Verstehen und Interpretieren fördern
2. Die von den Lehrplänen geforderte Arbeitsmethode „Befragung von Zeitzeugen“ aktiv
umsetzen.

Die Arbeit in den Workshops

Jeder Workshop beleuchtet auf der Grundlage des geschichtlichen Themas einen medialen Schwerpunkt. Die angehenden Lehrkräfte wählen sich nach der medienpädagogischen Einführung und nach der Vorstellung der Themen in die Workshops. Jede Teilnehmerin und jeder Teilnehmer hat die Möglichkeit zwei Workshops zu besuchen und sowohl die fachspezifischen, als auch die medienkompetenzfördernden Möglichkeiten, in Kleingruppen aktiv kennenzulernen und sie in Bezug auf den eigenen Arbeitskontext zu hinterfragen. Anhand von konkreten Arbeitsaufträgen und Materialien betrachten die Teilnehmenden immer zwei Ebenen parallel: „Was bedeutet das für mich als Lehrer?“- und – „Welchen Mehrwert hat die Arbeit mit dem Medium für die Schüler?“.

Folgende Phasen werden durchlaufen und sind in jedem Workshop gleich:

Phase 1: Ausprobieren
Aktive Phase zum Ausprobieren unterschiedlicher Möglichkeiten des Mediums ausprobieren

Phase 2: Auswerten
Mehrwert des Mediums und der Methode für den Geschichtsunterricht
Möglicher Kompetenzerwerb der Schülerinnen und Schüler

  • Welche Bereiche der Medienkompetenzförderung können abgedeckt werden?
  • Welche Aspekte des kompetenzorientierten Unterrichts werden berücksichtigt?

Phase 3: Übertragen
Bedeutung und Konsequenzen für

  • die Unterrichtsvor- und nachbereitung
  • die Gestaltung der Lernumgebung
  • die Moderation der Lernprozesse

09.30 – 09.45 Uhr: Pause und Wahl der Workshops
09.45 – 12.00 Uhr: Workshop-Phase
12.00 – 12.15 Uhr: Pause
12.15 – 13.00 Uhr: Präsentation der Ergebnisse der Workshops
13.00 – 13.30 Uhr: Diskussion: Neue Medien im Geschichtsunterricht? und Abschlussreflexion

Nach Präsentation und Diskussion der Ergebnisse und Erfahrungen aus den Workshops, wird der Bezug zu der Übertragbarkeit auf den Unterricht hergestellt. Mediendidaktische Fragen werden aufgegriffen und an exemplarischen Unterrichtsbeispielen konkretisiert.

b) Modul 2: Nationalsozialismus

08.30 – 08.45 Uhr: Begrüßung und Vorstellung von Tagesablauf und –ziele
08.45 – 09.15 Uhr: Einstieg: Sensibilisierung der Sinneswahrnehmung: Emotionale Wirkung von Bild- und Tonebene Beispiel: „Macht der Bilder“
09.15 – 09.45 Uhr: Einführung in die Bild- und Filmanalyse Beispiel: Triumph des Willens
09.45 – 10.00 Uhr: Vorstellung der Lernstationen Themen: L1: Poltische Rede im Unterricht; L2: Macht der Medien. Presse- und Meinungsfreiheit; L3: Lebensweltbezug
10.00 – 10.15 Uhr: Pause
10.15 – 12.30 Uhr: Arbeit an den drei Lernstationen

Umsetzung

Jede Teilnehmerin und jeder Teilnehmer hat die Möglichkeit alle drei Lernstationen zu besuchen.
Der Aufbau ist bei allen drei Stationen gleich:

1. Mediale Auseinandersetzung mit einem Themenschwerpunkt (25 Min.)
2. Reflexion – mit, durch und über Medien (20 Min.) Jede Station fokussiert ein Thema und, je nach Themenschwerpunkt, die dazugehörigen Medien.

L1: Poltische Rede im Unterricht
Einsatz der Rede von Goebbels nach dem Erlass der „Nürnberger Gesetze“
Medium: CD und Texte
Reflexionsmethode: Audioaufnahme

L2: Macht der Medien – Presse- und Meinungsfreiheit
Medien: Bilder, Text: Grundgesetz, Artikel 5 Internet
Reflexionsmethode: Diskussionsrunde/Talkshow (mit Kamera festgehalten)

L3: Lebensweltbezug
Beispiel: „stripped“ von Rammstein
http://www.youtube.com/watch?v=Qb_Sfq6spbk

Medien: Videoclip (Youtube, Clip und Kommentare)
Reflexionsmethode: Diskussion

12.30 – 12.45 Uhr: Pause
12.45 – 13.30 Uhr: Vorstellung der Ergebnisse, Abschlussdiskussion


Zielgruppe

  • Fachkäfte

Eingesetzte Medien

  • Video
  • Audio
  • Web

Ziele

  • Reflexion
  • Exploration
  • Artikulation
  • Medienanalyse und -kritik

Varianten, Erweiterungen, Modulationen

Das Konzept ist übertragbar auf die Fächer Politik und Wirtschaft oder Gesellschaftskunde. Generell scheint die fachspezifische Medienkompetenzförderung zudem fachübergreifend sinnvoll. Das Medienprojektzentrum Offener Kanal (MOK) Offenbach/Frankfurt der LPR Hessen bietet Fortbildungen für angehende Lehrkräfte auch bspw. für die Fächer Deutsch, Biologie oder Fremdsprachen an und arbeitet mit den Studienseminaren in der Region eng zusammen. Als Zielgruppe der fachspezifischen Medienprojektarbeit sind auch ausgebildete Lehrkräfte möglich.

Tipps & Tricks

Das Projekt „Medien im Geschichtsunterricht“ bietet eine gute Kombination aus Theorie und Praxis. Die von Studienseminaren oft geforderte Quellenkritik kann an den Beispielen Film und Foto praktisch erfahrbar gemacht werden. Das Projekt sorgt insgesamt für eine große Nachhaltigkeit, da es in die Lehrerausbildung integriert ist. Angehende Lehrkräfte können ihr gelerntes Wissen direkt in den praktischen Unterricht als ausgebildete Lehrkräfte anwenden.

Die Besonderheiten des Projektes liegen primär am ungewöhnlichen, außerschulischen Lernort.

Schwierigkeiten

Insbesondere bei der Umsetzung des Projektes sollte genügend Zeit eingeplant werden. Die zeitlichen Ressourcen von Studienseminaren sind in der Regel knapp.

Feedback

Als positiv wird häufig die Vielfalt der verwendeten Medien genannt. Darüber hinaus sind die praktische Anwendbarkeit und der Nutzen im Unterricht große Pluspunkte. Ein optimaler Lebensweltbezug, sorgsam recherchiertes und vorbereitetes Material (Arbeitsblätter) sowie die einfache Übertragbarkeit auf andere Themen zählen zudem zum positiven Feedback.

Auf die sehr knapp bemessene Zeit und den engen Zeitplan gilt es künftig stärker Rücksicht zu nehmen. Vertiefungsfortbildungen für einige inhaltliche Inputs sind für die optimale Übertragung in den Fachunterricht empfehlenswert.


Checkliste

a) Für Modul 1: BRD/DDR

  • Seminarräume (je nach Gruppengröße)
  • PCs mit Internetzugang (je nach Teilnehmerzahl)
  • Beamer und Laptop für Bildanalyse
  • Audioaufnahmegerät
  • Programm: Gimp für Bildbearbeitung
  • Flipchart und Eddings
  • Programm: Audacity
  • Aktivboxen und Headsets

Dauer: fünf Stunden, in der Regel 8.30 bis 13.30 Uhr oder 13.30 bis 18.30 Uhr
Teilnehmer: ca. 20 Personen, Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst, Studienseminarleiter und Mentoren
Keine Vorkenntnisse erforderlich.

b) Für Modul 2: Propaganda im Nationalsozialismus

  • Seminarräume (je nach Gruppengröße)
  • PCs mit Internetzugang (je nach Teilnehmerzahl)
  • Beamer und Laptop für Filmanalyse
  • Audioaufnahmegerät
  • Flipchart und Eddings
  • Aktivboxen
  • Videokamera

Dauer: fünf Stunden, in der Regel 8.30 bis 13.30 Uhr oder 13.30 bis 18.30 Uhr
Teilnehmer: ca. 20 Personen, Lehrkräfte im VorbereitungsdienstLiV, Studienseminarleiter und Mentoren
Keine Vorkenntnisse erforderlich.

Links & Material

Bücher

Theunert, Helga: Handlungsfelder der Medienpädagogik. Alltags- und Medienwelten von Kindern und Jugendlichen. In: Medien bilden – aber wie?! Grundlagen für eine nachhaltige medienpädagogische Praxis. Kopaed, 2009.

Stiftung Haus der Geschichte (Hrsg.): Bilder die lügen. Begleitbuch zur Ausstellung im Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, Bonn. Bouvier Verlag, 1999.

Schirner, Michael: Bye Bye, München. Die Gestalten Verlag, 2010.

Internetlinks

Persönliche „Wendegeschichten“ und Zeitzeugeninterviews. http://www.dubistgeschichte.de/

Materialien, Arbeitsblätter, Links zum Thema „Jugendopposition in der DDR“. Portal der Bundeszentrale für politische Bildung und der Robert-Havemann-Gesellschaft e.V. http://www.jugendopposition.de/index.php?id=1

Projekt des Zentrums für Zeithistorische Forschung Potsdam e.V., der Bundeszentrale für politische Bildung und des Deutschlandradios. Mit Material und detailliertem, geschichtlichem Überblick zum Mauerbau, Mauerfall und Opfern der Mauer. http://www.chronik-der-mauer.de/

Ein Angebot der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur mit dem bundesweit Zeitzeugen zur Geschichte von Demokratie und Diktatur nach 1945 recherchiert und kontaktiert werden können. http://www.zeitzeugenportal8990.de/

Portal mit Audio- und Videobeiträgen, Fotos, Bildern, Karikaturen, Statistiken, Landkarten: http://www.dhm.de/lemo/suche/audios.html

für die Grundschule:

Ausstellung DDR (logo!-Kinderreporterin Kaja zeigt, wie die Menschen in der DDR gelebt haben. http://www.tivi.de/fernsehen/logo/video/28351/index.html

20 Jahre Mauerfall http://www.kindernetz.de/infonetz/maueroeffnung//id=173204/nid=173204/did=35442/1ka0mt7/index.html

kostenloser Download:
http://www.chip.de/downloads/Audacity_13010690.html

http://www.chip.de/downloads/GIMP-32-Bit_12992070.html


About

Nadine Tepe; Esther Kuhn
Medienprojektzentrum Offener Kanal (MOK) Offenbach/Frankfurt
Eine Einrichtung der LPR Hessen
Berliner Straße 175
63067 Offenbach
info@mok-ofm.de
www.mok-ofm.de

Offene Kanäle sind Kommunikationsplattformen für Bürger einer Region. Sie bieten jedem Einwohner – ob Anfänger oder Profi – die Möglichkeit, eigene Fernsehbeiträge zu produzieren und zu verbreiten. Darüber hinaus stärken Bürgerfernsehsender die Medienkompetenz der einzelnen Produzenten. Der Offene Kanal Offenbach/Frankfurt ist zudem ein Medienprojektzentrum der Hessischen Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien (LPR Hessen). Er bietet medienpädagogische Projekte für Kinder, Jugendliche und Multiplikatoren und verbreitet die Projektergebnisse im Idealfall auch über den Bürgerfernsehsender. Das Medienprojektzentrum Offener Kanal (MOK) Offenbach/Frankfurt versteht sich als fester Bestandteil der lokalen Bildungs- und Medienlandschaft.

Nadine Tepe
studierte Kommunikationswissenschaft, Erziehungswissenschaft und Soziologie an der Wilhelms-Universität in Münster/Westfalen. Seit 2009 ist sie Leiterin des Medienprojektzentrums Offener Kanal (MOK) Offenbach/Frankfurt der LPR Hessen.

Esther Kuhn
studierte Theater-, Film- und Medienwissenschaften in Frankfurt am Main. Sie arbeitet freiberuflich als Medien- und Theaterpädagogin und ist zudem derzeit angestellte Medienpädagogin beim MOK Offenbach/Frankfurt.

Verfasst am 21.12.2012
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