Audioschnitt mit Hindenburg Journalist

Kostenloses Audioschnittprogramm für die Medienpädagogik

LZ-129 in Lakehurst. Quelle: Wikimedia Commons

[Update 17.7.2011: Offenbar gibt es keine kostenlose Variante von Hindenburg mehr. Der Hersteller bietet nur noch eine 30-Tage-Testversion und eine Edu-Version, die allerdings nur günstiger als die Vollversion ist.]

Eher duch Zufall stieß ich kürzlich auf ein ganz hervorragendes Audioschnittprogramm, dem ich hier eine ganz klare Empfehlung für die Medienpädagogik aussprechen möchte. Zugegeben – “Hindenburg” ist ein zunächst etwas verwunderlicher Name für ein Audioschnittprogramm. Die Verwunderung legt sich nach einem Besuch auf der Website des Programms beim dänischen Hersteller Nsaka: der Name spielt auf einen der prägenden Momente der Radiogeschichte an, den Bericht vom Unglück des Zeppelins “Hindenburg” 1937.

Eigentlich handelt es sich bei Nsakas Hindenburg um ein Programmpaket – einmal um “Hindenburg Journalist” , ein Aufnahme- und Schnitttool speziell für die Belange von Radiojournalisten – und den “Hindenburg Field Recorder”, eine iPhone-App zur Aufnahme und grundlegenden Bearbeitung von Audiomaterial.

Beide Programme erweisen sich als für medienpädagogische / schulische Belange allerbestens geeignet. Die Ausrichtung des Programms auf effizientes radiojournalistisches Arbeiten führt zu einem Verzicht auf überflüssige Funktionsvielfalt. Viele vergleichbare Programme (auch das ansonsten hoch geschätzte Audacity) decken auch den Mehrspurenmix z.B. von Musik ab und bringen die entsprechenden Werkzeuge mit; für das in medienpädagogischen Zusammenhängen oft realisierte Arbeiten mit kleinen Radiobeiträgen, Hörspielen usw. sind diese Funktionen oft eher verwirrend und störend.

Hindenburg Journalist präsentiert sich mit einer sehr aufgeräumten Oberfläche, das Programm lässt sich auf Deutsch umstellen. Es sind nach Programmstart 4 Spuren voreingestellt: Sprache, Interview, Hintergrund und Musik. Damit lassen sich alle grundlegenden Anforderungen erfüllen, weitere Spuren können natürlich angelegt werden.

Anders als bei Audacity werden die Aufnahmen in bestehende und jeweils ausgewählte Spuren gelegt, die Aufnahmelautstärke wird automatisch angepasst, die jeweilige Aufnahme bekommt automatisch die Anfasser für Hüllkurve, Blende und Trimmen zugewiesen. Das Einbauen von Blenden und Kreuzblenden ist denkbar einfach, für effizientes Arbeiten gibt es die entsprechenden Kurzbefehle per Tastaturkürzel. Ein Import von Audiomaterial ist selbstverständlich möglich. Beim Export des fertigen Materials wird automatisch auf radiotauglich ausgewogene Lautstärkeverhältnisse geachtet, der Hersteller orientiert sich nach eigener Aussage an den Standards der Europäischen Rundfunkunion EBU.

Das grundlegende Arbeitsverfahren wird gut nachvollziehbar beschrieben im PDF-Handbuch.
Meine ersten Versuche mit der Software hinterlassen den Eindruck, dass das Programm recht sparsam mit Rechnerressourcen umgeht, der Hersteller empfiehlt die Software auch zum Gebrauch auf Netbooks. Neben der Windows-Version gibt es auch eine für MacOS.

Hindenburg Journalist ist in unterschiedlichen Ausgaben verfügbar: einer kostenlosen Basic-Variante sowie einer Professional-Variante (günstige  59€, Sonderkonditionen für Bildungseinrichtungen und gemeinnützige Institutionen sind verhandelbar). Die kostenlose Variante verzichtet auf einige Funktionen (Filter, Equalizer, die bei Hindenburg offensichtlich sehr mächtige Zwischenablage, kein Autolevel, kein AAC-Export). Dennoch ist sie für die weitaus meisten Anwendungsgebiete im schulischen / medienpädagogischen Bereich hinreichend, anderenfalls ist die Pro-Version doch recht bezahlbar. Insgesamt also eine echte Empfehlung!

Kleine Anekdote am Rande: Auf das Tool bin ich über Umwege gestoßen. Beim Hören einer meiner Lieblingspodcasts – “This American Life” – nämlich. In einer sehr anrührenden Geschichte innerhalb von Episode 234 “Say anything” ging es um einen jungen Mann, der einen suizidgefährdeten Freund durch mit ihm geführte Audiointerviews von seinen Selbstmordgedanken abbringen wollte. Für die Audioaufnahmen hat er sich auf einer Website kundig gemacht, die Radiointeressierten Tools und Techniken nahebringen will: transom.org. Eine wirklich gute Quelle – und dort gibt es ein sehr ausführliches Review zu Hindenburg.

Wir haben Hindenburg im Einsatz mit Grundschülern getestet – die Käferklasse der Lobdeburgschule (altersgemischt, Klasse 1-3) hatte dabei Geschichten und Gedichte mit Bezug zum Themenbereich Wetter zu schreiben und unter Hilfe des Zivildienstleistenden aufzunehmen. Das Tool hat sich dabei als sehr tauglich erwiesen. Hier eine Gewittergeschichte als kleines Hörbeispiel. 🙂

Dies ist ein Gastbeitrag von Uwe Klemm und zuerst in seinem Blog erschienen. Der Autor ist Lehrer am Angergymnasium Jena und an der Lobdeburgschule Jena, arbeitet darüber hinaus als medienpädagogischer Fachberater am Medienzentrum Jena. Sein besonderes Interesse gilt blended-learning-Szenarien, Web 2.0 als Lerntools, Foto- und Filmarbeit.

Verfasst am 23.05.2011
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