Sprachkompetenzförderung

"Sprachkompetenzförderung in der Medienpädagogik" Unter dem Fokus ‚Sprachkompetenzförderung‘ lassen sich unterschiedliche Medienprojekte mit diversem Medieneinsatz und flexibler Zeitdauer durchführen. Von einer Projektwoche in den Ferien bis hin zu einer Radio-AG, die ein ganzes Schuljahr lang aktiv ist, kann es ganz unterschiedliche Rahmenbedingungen geben.

Exemplarisch für Medienprojekte mit dem Fokus Sprachkompetenzförderung wird das Projekt Unsere Stadt vorgestellt. Ausgestattet mit Fotokameras und Aufnahmegeräten können Kindergartenkinder ihren Stadtteil auf neue Weise erleben und kleine Geschichten in der vertrauten Umgebung entdecken und erzählen. Indem sie ihre Augen und Ohren bewusst öffnen, gehen sie auf Entdeckungsreise mit ihren Sinnen und begegnen dabei Menschen und Orten, Geschichten und Bildern. Schließlich werden die Fotos und Lieblingsorte vorgestellt und besprochen, die Interviews angehört und ausgewertet. Vom Blumenladen über den Abenteuerspielplatz bis hin zum Lieblingsbäcker mit den besten Brötchen bekommt dabei jeder Ort den Raum für seine eigene Geschichte.

Ablauf
Einführung in Kamera und Aufnahmegerät In zwei Gruppen erkunden die Kinder zunächst spielerisch die Audioaufnahmegerät und die Fotokameras. Dabei darf jedes Kind in das Aufnahmegerät sprechen und sich vorstellen („Mein Name ist …., Mein Lieblingsplatz im Kindergarten ist…, weil …!“), während zwei andere Kinder das Gerät bedienen. An den Lieblingsplätzen der Kinder werden von anderen Kindern Fotos gemacht, auf den Computer übertragen, betrachtet und ausgewertet. Die Ergebnisse kann sich die ganze Gruppe gemeinsam ansehen und -hören. Planung der Ausflüge. Alle überlegen zusammen, wo man in der Nähe tolle Orte erkunden und eventuell Interviews machen kann, etwa beim Bäcker, im Blumenladen, auf dem Spielplatz, im Supermarkt, in der Bibliothek, im Schwimmbad, im Buchladen, im Café. Die Kinder entwickeln dann Interviewfragen, die die Pädagoginnen und Pädagogen notieren, zum Beispiel „Wie wird Wurst gemacht?“, „Wie pflegt man so viele Blumen?“, „Welche Abenteuer hast du schon auf dem Spielplatz erlebt?“, „Wann muss ein Bäcker aufstehen?“

Ausflüge in die Umgebung
Dann können endlich die Ausflüge zu den ausgewählten Punkten im Stadtteil gemacht werden. Die Kinder wechseln sich dort mit Fotografieren, Aufnehmen und Interviewen ab. Nach dem Ausflug werden die Ergebnisse angesehen, angehört und ausgewertet. Mit den entwickelten Fotos können Plakate zu jedem Ausflug gestaltet werden (die entweder mit dem eigenen Fotodrucker oder in einem Drogeriemarkt ausgedruckt wurden) – und diese werden schließlich feierlich den Eltern präsentiert! Die Abschlusspräsentation wird möglichst von den Kindern selber moderiert, dazu können sie berichten, wie sie vorgegangen sind, was schwierig war und was besonders Spaß gemacht hat. Solch eine Moderation muss gut vorbereitet werden, denn sie erfordert viel Mut und ist eine große sprachliche Herausforderung, die Moderation sollte deshalb nur von den Kindern übernommen werden, die wirklich Lust dazu haben. Vor den Eltern werden die entstandenen Fotos gezeigt, die Aufnahmen dazu vorgespielt und von den Ausflügen berichtet, dazu gibt es auch die Möglichkeit, die Plakate mit den Fotos anzuschauen.


Zielgruppe

  • Kinder

Eingesetzte Medien

  • Foto
  • Audio

Ziele

  • Reflexion
  • Exploration
  • Artikulation

Varianten, Erweiterungen, Modulationen

Das Projekt Meine Stadt kann ganz unterschiedlich variiert werden. So ist es möglich, mit älteren Kindern Videointerviews zu führen und zu schneiden. Das Projekt kann auch inklusiv und intergenerativ durchgeführt werden. Indem man sich in unterschiedliche Stadtteile begibt, in denen verschiedene kulturelle Einflüsse zu entdecken sind, kann das Projekt auch zur Förderung des interkulturellen Dialogs beitragen.

Tipps & Tricks

Zwei Erfahrungen mit Medien stehen im Mittelpunkt. Zum einen bieten Fotoprojekte mit Kindern unzählige Möglichkeiten, die Wirklichkeit zu erkunden und ihre mediale Darstellung erfahrbar zu machen. Außerdem ist die Bildbeschreibung eine herausfordernde und vielseitige sprachliche Übung. Der zweite Schwerpunkt sind die Audioaufnahmen: Die Konzentration auf den Ton bei Audioprojekten ermöglicht auch eine starke Fokussierung auf die Sprache der Kinder. Das Anhören der Aufnahmen erleichtert den Selbstreflexionsprozess und motiviert dazu, Neues mit der eigenen Stimme auszuprobieren und Fehler auszubessern. Nicht zu vergessen sei der Mut, den es erfordert, jemanden zu interviewen und ihm die Fragen zu stellen, die einem unter den Nägeln brennen. Somit kann in diesem Projekt eine Verzahnung von Medien- mit Sprachkompetenz erfolgen, ohne dass Sprache dabei zu sehr didaktisiert wird.

Schwierigkeiten

Gerade im Kindergartenbereich stößt man bei der Durchführung von Medienprojekten immer wieder auf große Skepsis der Eltern. Der Fokus Sprachkompetenzförderung kann dazu beitragen, dass die Eltern dem offener gegenüberstehen, als wenn es ‚nur‘ um Medien geht. In jedem Fall lohnt es sich immer, einen einführenden Elternabend zu veranstalten, auf dem den Eltern die genaue Vorgehensweise erklärt wird und wo sie ihre Fragen und Kritik loswerden können. Spätestens auf der Abschlusspräsentation löst die Begeisterung meistens die Skepsis ab. Man sollte aber immer darauf vorbereitet sein, dass man sich für ein Medienprojekt mit kleinen Kindern rechtfertigen muss und dann eine gute Argumentation parat haben.

Feedback

Das Projekt wurde 2007 in einem Kindergarten in München durchgeführt. Es war das erste Medienprojekt, das in dieser Einrichtung stattfand. Nach anfänglicher Skepsis der Eltern, dass die Kinder zu viel Zeit am Computer verbringen würden, wurde im Verlauf des Projekts schnell klar, dass die Kinder genauso viel unterwegs und an der frischen Luft waren, wie sonst auch. Die Eltern waren am Ende sehr beeindruckt davon, wie sich ihre Kinder
als Medienexpertinnen und -experten und Reporterinnen und Reporter entwickelt hatten. Den Kindern hat das Projekt unheimlich viel Spaß gemacht und jeder hat dabei einen andern Lieblingspart gehabt: das Fotografieren, das Interviewen, das Moderieren, das Basteln der Plakate, das Präsentieren… Die beiden Erzieherinnen der Gruppe wollten von da an regelmäßig Medienprojekte durchführen.


"Sprachkompetenzförderung in der Medienpädagogik"


Checkliste

  • Kleine Gruppen, möglichst nur vier bis acht Kinder
  • ein eigener Projektraum, der zur Projektzeit keinen anderen Nutzen hat und ein Präsentationsraum
  • Aufnahmegeräte, kleine Audioboxen, Fotokameras, Laptop zum Betrachten der Fotos
  • eventuell Fotodrucker
  • weißer Fotokarton DIN A2, Kleber, Stifte
  • Beamer, Leinwand oder weiße Wand, Mikrofon, Laptop, Boxen

Links & Material

Anregungen zu Medienprojekten mit dem Schwerpunkt „Sprachkompetenzförderung“ sowie 20 Projektkonzepte von Projekten, die unter diesem Fokus durchgeführt wurden, bietet das Buch erzählkultur. Sprachkompetenzförderung durch aktive Medienarbeit, herausgegeben von Klaus Lutz und Kati Struckmeyer (kopaed, 2010). Dazu gibt es viele Ideen und Tipps auch online unter.


About

Kati Struckmeyer
JFF – Institut für Medienpädagogik
Kati.Struckmeyer@jff.de

Das JFF – Institut für Medienpädagogik
in Forschung und Praxis wurde 1949 gegründet und befasst sich seither in Forschung und pädagogischer Praxis mit dem Medienumgang der heranwachsenden
Generation. Ein Spezifikum des JFF ist die Verknüpfung von Forschung und Praxis: Die Ergebnisse der Forschung sind Grundlage für pädagogische Modelle in der Erziehungs-, Bildungs- und Kulturarbeit mit Kindern und Jugendlichen. Aus der pädagogischen Praxis wiederum erhält der wissenschaftliche Bereich wichtige Impulse.

Kati Struckmeyer (Jahrgang 1980) Dipl.-Kulturpädagogin. Studium der Diplom-Kultur- und Medienpädagogik mit dem Schwerpunkt Medienpädagogik an der Fachhochschule Merseburg, Diplom 2003. Danach Tätigkeit als freiberufliche Medienpädagogin und Volontariat im kopaed-Verlag, München. Seit 2007 medienpädagogische Referentin am JFF – Institut für Medienpädagogik, München. Schwerpunkte: Medienprojekte mit Kindern, Sprachkompetenzförderung durch Aktive Medienarbeit

Verfasst am 01.12.2012
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