Der Baukasten der Medienkompetenz: Materialien zur inklusiven Medienkompetenzvermittlung in der beruflichen Bildung

Abb. 1: Screenshot von www.daslernbuero.de/medienkompetenz. Hier ist der Baukasten der Medienkompetenz frei zur Nutzung und Weiterentwicklung erhältlich. Screenshot von der CC-Lizenzierung ausgenommen.

Berufliche Tätigkeiten finden in vielen Bereichen mittlerweile in digitalen Umgebungen statt. Eine gut ausgeprägte Medienkompetenz ist wichtig für den beruflichen Alltag und wesentlich für eine erfolgreiche (Re-)Integration in den Arbeitsmarkt. Der von der TH Köln gemeinsam mit dem Berufsförderungswerk Köln entwickelte Baukasten der Medienkompetenz enthält eine Vielfalt an Lehr- und Arbeitsmaterialien, mit denen Medienkompetenz vermittelt und gefördert werden kann. Die Materialien richten sich an Ausbilder:innen und Lehrende zur Anwendung für Lernende in der beruflichen Bildung, wie etwa an Berufsschulen, Berufsförderungswerken oder Berufsbildungswerken. Die Einteilung in Module ermöglicht es, je nach Bedarf auch nur einzelne Inhalte zu thematisieren. Inhaltlich orientiert sich der Baukasten an der von der Kultusministerkonferenz (2016) entwickelten Strategie zur Bildung in der digitalen Welt. Um inklusive Zugänge zu den Themen zu ermöglichen, sind die Materialien weitgehend nach Ansätzen des Universal Design for Instruction (UDI) gestaltet. Die Materialien aller Module sind hier frei, kostenlos und für eigene Adaptionen erhältlich: www.daslernbuero.de/medienkompetenz.

Inhalte und modulare Struktur

Der Baukasten der Medienkompetenz fördert den kompetenten und sicheren Umgang mit digitalen Medien und Tools – etwa den kritischen Umgang mit Angeboten und Nachrichten aus dem Netz, das zielgerichtete Suchen von Informationen und Quellen und die sichere Beurteilung ihrer Glaubwürdigkeit, Kenntnisse des Datenschutzes und Urheberrechts sowie Fähigkeiten der Nutzung digitaler Tools zur Vermittlung von Inhalten und Themen. Er verfügt über sechs Module, die die von der Kultusministerkonferenz (2016) entwickelten Kompetenzen aufgreifen:

Abb. 2: Die sechs Module des Baukastens der Medienkompetenz. Zur Unterstützung intuitiver Nutzung (UDI 3) und sensorisch wahrnehmbarer Informationen (UDI 4) verfügt jedes Modul über ein Icon und eine Modul-Farbe, die sich durch alle Materialien ziehen. Grafik von Jule Murmann, CC BY-SA 4.0.

Die Module können in Gänze durchlaufen oder einzeln verwendet werden. Kriterien für die Auswahl der in den Modulen enthaltenen Themen sind Aktualität (z. B. Fake News), gesellschaftliche Relevanz (z. B. Big Data), Berufsrelevanz (z. B. Nutzung von Suchmaschinen), Motivationspotenzial, etwa durch persönliche Relevanz (z. B. Datenschutz bei Messenger-Diensten) oder auch Verfügbarkeit ansprechender und unterhaltsamer Aufbereitungen der Themen (z. B. Podcasts, satirische Beiträge). Die Beispiele und Arbeitsaufträge sind zum Teil orientiert an kaufmännischen Ausbildungsberufen. Aufgrund des allgemeinbildenden Charakters ist der Baukasten aber auch in anders gelagerten Fachkontexten der beruflichen Bildung anwendbar und dank der freien Lizenzierung gezielt anpassbar.

Materialien

Die barrierefrei erstellten Materialien beinhalten Arbeitsaufträge/Übungen, Präsentationsfolien (teilweise auch als vertonte Videos vorhanden), Lehrhinweise, Handouts, Schritt-für-Schritt-Anleitungen (zur Erstellung von Lernmedien) sowie pro Modul jeweils eine Gesamtübersicht mit Hinweisen zu Ablauf, Zeit- und Technikbedarf.

Die Materialien stehen unter der Lizenz CC BY-SA 4.0. Damit ist die (auch kommerzielle) Nutzung, die Weiterverarbeitung und Wiederveröffentlichung (unter derselben Lizenz) möglich.

Inklusive Gestaltung nach Universal Design for Instruction

Die Lehreinheiten sollen inklusiv und für alle Lernenden zugänglich sein. Hierfür ist ihre Gestaltung an den Prinzipien des Universal Design for Instruction (UDI) orientiert. Die neun UDI-Prinzipien (Scott et al., 2003; Fisseler, 2015) beschreiben, was Lehrmaterialien und Lehrsituationen auszeichnet, die für möglichst viele Lernende gut nutzbar sind. Sie umfassen technische, gestalterische und methodisch-didaktische Aspekte von Bildungssituationen:

  • Prinzip 1: Breite Nutzbarkeit
  • Prinzip 2: Flexibilität in der Benutzung
  • Prinzip 3: Einfache und intuitive Nutzung
  • Prinzip 4: Sensorisch wahrnehmbare Informationen
  • Prinzip 5: Fehlertoleranz
  • Prinzip 6: Niedriger körperlicher Aufwand
  • Prinzip 7: Größe und Platz für Zugang und Benutzung
  • Prinzip 8: Lerngemeinschaft
  • Prinzip 9: Lernklima

In den Materialien des Baukastens schlagen sich die UDI-Prinzipien u.a. folgendermaßen nieder:

  • Die Module sind farblich kodiert und mit aussagekräftigen Icons versehen (wie dargestellt in Abb. 1); diese Kodierung findet sich in allen Materialien wieder. Innerhalb einzelner Dateien bieten Icons Orientierung darüber, um welche Textart – Infotext, Arbeitsauftrag, Link, Lehrhinweise etc. – es sich jeweils handelt. (UDI 3, 4)
  • Die Materialien sind barrierefrei erstellt. Bilder und Grafiken sind mit aussagekräftigen Alternativtexten versehen. (UDI 4)
  • Informationen sind in unterschiedlichen Modi bereitgestellt; z.B. sind PowerPoint-Präsentationen als PPT-Datei, als PDF-Datei und als vertontes Video verfügbar (UDI 1, 2).
  • Die Lehrmaterialien stehen unter CC BY-SA. Diese Lizenzierung ermöglicht gezielte Anpassungen der Lehrmaterialien auf spezifische Bedarfe sowie auch inhaltliche Anpassungen etwa durch Aufnahme von Beispielen aus dem eigenen Fachgebiet. (UDI 1, UDI 2)
  • Die Lehreinheiten bieten einen deutlichen Wechsel von Lehrmethoden: Lehrvorträge, Gruppen- und Einzelarbeiten mit eigener Aktivität (Handlungsorientierung), Spielerisches, Fragen und Feedback. (UDI 2)
  • Die Manuale zur Erstellung von Lernmedien (Modul 5) enthalten Anleitungen zur Nutzung verschiedener Tools/Formate, sodass die Lernenden bei der Erstellung des Lernmediums die Wahl zwischen unterschiedlichen Formen der Herstellung geboten werden kann, die auch mit unterschiedlichen motorischen Erfordernissen einhergehen (UDI 2, 6).
  • Bei der Erstellung des Lernmediums (Modul 5) haben die Lernenden die Wahl, ob sie ein fachbezogenes oder freies Thema bearbeiten möchten. (UDI 2) Ein freies Thema ermöglicht es, dass die Lernenden eigene Erfahrungen und Expertise aus Bereichen einbringen können, die sonst nicht in der Ausbildung nutzbar wären. (UDI 9)
  • Ausbilder:innen/Lehrende machen Arbeitsaufträge, PowerPoint-Präsentationen, Handouts etc. analog und digital verfügbar. Digitale Verfügbarkeit ermöglicht es den Lernenden, das für sie geeignete Format zu nutzen, und auch assistive Technologien, wie Screenreader einzusetzen, falls nötig. Lernende, die lieber mit Papier arbeiten, erhalten die Möglichkeit, Unterrichtsmaterialien auszudrucken und auch handschriftlich zu bearbeiten. Bei PowerPoint-Präsentationen ist die Verfügbarkeit eines Papierausdrucks, auf dem handschriftliche Notizen gemacht werden können, Standard. (UDI 2, 4, 6)
Abb. 3: In Modul 5 erstellen die Lernenden eigene Lernmedien und Erklärvideos, hier zu einem kaufmännischen Fachthema. Bild von Jule Murmann, CC BY-SA 4.0.

Weiterführende Hinweise

Dieser Beitrag ist entstanden im Rahmen des Projekts IDiT – INCLUDING.DIGITAL.TWINS. Inklusives Mentoring und mediale Kompetenzen für Rehabilitand:innen und Azubis in kaufmännischen Berufen/der Berufsausbildung (www.idit.online, 2018-2021).

Im Rahmen des Projekts wurden die Lehrmaterialien des Baukastens der Medienkompetenz in zwei Durchgängen am BFW Köln mit dem Fachbereich Kaufleute für Büromanagement erprobt und evaluiert. Das wissenschaftliche Konzept, die Entwicklung und Erprobung des Baukastens sind dargestellt bei Murmann et al. (2022).

Das Projekt IDiT wurde gefördert von BMBF, ESF und EU. Förderkennzeichen: 01PE18015B.

Literatur

Fisseler, B. (2015): Universal Design im Kontext von Inklusion und Teilhabe – Internationale Eindrücke und Perspektiven. In: Recht und Praxis der Rehabilitation Nr. 2/2015, 45–51. https://www.researchgate.net/profile/Bjoern-Fisse-ler/publication/278453873_Universal_Design_im_Kontext_von_Hochschule_und_Hochschulbildung/links/5707dece08aea66081331c3c/Universal-Design-im-Kontext-von-Hochschule-und-Hochschulbildung.pdf (Zugriff: 04.03.20)

Kultusministerkonferenz (2016): Strategie der Kultusministerkonferenz „Bildung in der digitalen Welt“. Berlin: Sekretariat der Kultusministerkonferenz. https://www.kmk.org/fileadmin/pdf/PresseUndAktuelles/2018/Digitalstrategie_2017_mit_Weiterbildung.pdf (Zugriff: 07.01.20)

Murmann, J.; Zorn, I.; Gühnemann, D. (2022): Vermittlung von Medienkompetenz in der inklusiven Berufsbildung. Ein Unterrichtskonzept mit offenen Bildungsmaterialien am Beispiel des Berufsbilds Kaufleute für Büromanagement am Berufsförderungswerk Köln. Köln: TH Köln (Working Papers IDiT, No. 8). Online verfügbar unter https://idit.online/publikationen (in Erarbeitung).

Scott, S. S., Mcguire, J. M. & Shaw, S. F. (2003): Universal Design for Instruction. A New Paradigm for Adult Instruction in Postsecondary Education. In: Remedial and Special Education 24/6, 369-379. https://www.researchgate.net/publication/249835107_Universal_Design_for_Instruction_A_New_Paradigm_for_Adult_Instruction_in_Postsecondary_Education (Zugriff: 18.3.20)

Lizenzhinweise

Weiternutzung als OER ausdrücklich erlaubt: Dieses Werk und dessen Inhalte sind – sofern nicht anders angegeben – lizenziert unter CC BY-SA 4.0. Nennung gemäß TULLU-Regel bitte wie folgt: „Inklusive Medienkompetenzvermittlung in der beruflichen Bildung: Der Baukasten der Medienkompetenz“ von Jule Murmann, Lizenz: CC BY-SA 4.0, online verfügbar unter https://www.medienpaedagogik-praxis.de/2022/02/01/baukasten-der-medienkompetenz/. Der Lizenzvertrag ist hier abrufbar: https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/deed.de


Jule Murmann Kurzbio
Jule Murmann ist Film- und Medienwissenschaftlerin. Nach ihrem Studium der Medienwissenschaft, Psychologie und Neueren Geschichte in Bonn arbeitete sie fünf Jahre am Deutschen Filmmuseum in Frankfurt am Main. Als Kuratorin und Projektleiterin betreute sie dort Ausstellungs- und Vermittlungsprojekte. Am Institut für Medienforschung und Medienpädagogik der TH Köln befasst sie sich als wissenschaftliche Mitarbeiterin mit digitalem, inklusivem Lehren und Lernen in der beruflichen Bildung.
Verfasst am 01.02.2022
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