JMStV – eine Verschlechterung des Jugendschutzes?

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Viele von Ihnen haben sicherlich in den letzten Monaten die Diskussion um die Novellierung des Jugendmedienschutzstaatsvertrages (JMStV) mitbekommen. Ich denke, kein anderes Thema wurde derart im Internet behandelt und in den Nachrichten vergessen. Da die Neufassung des JMStVs für viel Auffuhr, aber auch Mißverständnisse gesorgt hat, möchte ich in diesem Artikel eine Übersicht geben, was sich für Betreiber (nichtkommerzieller) Websites ab Januar ändert, aber auch, warum diese Änderungen alles andere als ausgereift sind und sogar eine Verschlechterung für den Jugendschutz im Internet darstellen.

Grob gesagt handelt es sich bei dem JMStV um ein Jugendschutzgesetz für den Rundfunk und Telemedien, welches von den einzelnen Bundesländern beschlossen wird und somit für Deutschland seine Gültigkeit hat. Bereits in der aktuellen Fassung heisst es:

„Sofern Anbieter Angebote, die geeignet sind, die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu beeinträchtigen, verbreiten oder zugänglich machen, haben sie dafür Sorge zu tragen, dass Kinder oder Jugendliche der betroffenen Altersstufen sie üblicherweise nicht wahrnehmen.“

Anbieter solcher entwicklungsbeeinträchtigenden Inhalten mussten also im Klartext dafür sorgen, dass z.B. Filme, die ab 16 Jahren freigegeben sind, entweder nur zwischen 22.00 (bzw. 23.00 Uhr) und 06.00 Uhr abrufbar sind, oder aber der Zugang zu diesen Filmen durch ein technisches Mittel (z.B. Altersverifikationssystem) kontrolliert wird.

Mit dem neuen JMStV soll den Betreibern von Internetseiten eine dritte Alternative zur Verfügung stehen, nämlich eine Alterskennzeichnung der Inhalte. Mit Hilfe dieser Kennzeichnungen sollen dann Filterprogramme (die es noch gar nicht gibt) einen altergerechten Zugang ins Internet ermöglichen. Aber genau dieser zusätzliche Service sorgt jedoch für viel Auffuhr, da grundsätzlich durch den Seitenbetreiber (auch für bereits veröffentlichte Inhalte) geprüft werden muss, ob  eine Entwicklungsbeeinträchtigung vorliegt oder nicht. Das bei einer solchen Selbsteinschätzung elementare Fehler unterlaufen können, zeigte ein erster Praxistest des AK Zensur. Einzige Alternative zu einer Selbsteinschätzung ist eine kostenpflichtige Überprüfung der eigenen Inhalte oder ein nicht gerade günstiger Beitritt zur Freiwilligen Selbstkontrolle Multimedia (FSM).

Liegen dann für Jugendliche ab 16 Jahren entwicklungsbeeinträchtigende Inhalte vor, kann der Seitenbetreiber entscheiden, ob er ein technisches Hilfsmittel verwendet, Sendezeiten einführt oder eine Alterskennzeichnung vollzieht. Was wann wer genau machen muss, wird auch sehr gut in einem Schaubild vom Telemedicus visualisiert. Darüber hinaus gibt es auch eine gute Übersicht für Websites von Kinder- und Jugendeinrichtungen auf myjuleica.de.

Aber Moment? Was ist denn jetzt mit den Filmen ab 16? Genau, diese können dann, sofern sich der Betreiber für ein Label entschliesst und der Anwender keine Filtersoftware installiert hat, ohne Altersnachweis jederzeit von allen Menschen gesehen werden. Verwirrt? Gut, denn so geht es vielen, die sich mit dem neuen JMStV auseinandersetzen.

Tobias Albers-Heinemann Kurzbio
Hat 2006 mit Eike Rösch das Praxis-Blog gegründet und 10 Jahre lang als Herausgeber gearbeitet. Pressereferent und Medienpädagoge mit den Schwerpunkten: Eltern- und Lehrerbildung, Jugendbeteiligung, Erwachsenenbildung, digitale Kommunikation, Webvideo, Social Media und Öffentlichkeitsarbeit.
Verfasst am 15.12.2010
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