Wenn die Seminargestaltung plötzlich digital laufen muss… – Ein Leitfaden zu globalem Lernen im Digitalen
Die Corona-Pandemie stellt jeden, auch Menschen aus jeglichen Bereichen der Bildungsarbeit, vor große Herausforderungen. Plötzlich sind Seminare, Tagungen und Begegnungen mit anderen in Präsenz nicht mehr möglich. 2020 mussten fast alle in der Bildungsarbeit Tätigen ihre verschiedenen Angebote auf einen „Online-Modus“ umstellen. Einige brachten bereits Vorerfahrungen mit, andere nicht. Das Seminararbeitsteam der ICJA – Freiwilligenaustausch weltweit e.V. gehörte zu der Gruppe mit wenig Vorwissen. Mit medienpädagogischer Unterstützung gingen sie das große Thema, Seminararbeit online zu gestalten an. Das Ergebnis ist ein toller Leitfaden für Online-Seminargestaltung, der als Hilfestellung für alle diejenigen dienen soll, die vor einer ähnlichen Herausforderung stehen. Im Mittelpunkt steht immer wieder die Frage, wie man eine Online-Begegnung so persönlich und menschlich wie möglich gestalten kann.
Der Text enthält neben viel Basiswissen auch Anregungen und Tipps, die für Leute mit vielen Vorerfahrungen interessant sein können. Auch für Praktiker*innen aus der Medienpädagogik ist er sehr spannend.
Was steht so drin, im Globital-Leitfaden?
Für Einsteiger*innen
Der Leitfaden enthält zunächst viele Grundlagen, die für Pädagog*innen und andere, die in der Bildungsarbeit tätig sind, spannend sein könnten. Die Inhalte sind auch für Personen ohne viele Vorerfahrungen sehr gut geeignet. Durch sie sollte bei den Leser*innen eine solide Basis für die Arbeit im Digitalen entstehen. Punkte, die dabei abgehandelt werden, sind beispielsweise:
- Auswahl der richtigen Online-Tools für die Seminargestaltung
- Findung eines geeigneten Online-Seminarraums
- Tipps für digitale Formen der Digitalisierung
- Social Media als Instrument für Bildungsarbeit und Seminargestaltung
- verschiedene organisatorische Tipps für die Online-Seminargestaltung
- Anregungen für eine mögliche Rollenverteilung
- Evaluation und Nachbereitung von Online-Seminaren
Didaktisches und Methodentipps
Im Anschluss folgen die Blöcke „Digitale Begegnungen“ und „Mit allen Sinnen lernen“, mit zahlreichen didaktischen Tipps und Methoden für eine interessante und persönliche Online-Seminargestaltung. Hier werden schöne Anregungen wie Reflexionsspaziergänge, verschiedenen Energizer und der Einbau von thematisch passenden Liedern in die Seminargestaltung, gegeben. So kann es zum Beispiel ein Energizer sein nach etwas Blauem in der eigenen Umgebung zu greifen und es in die Kamera zu halten (Touch something blue) oder einfach mal dem Chat-Nachbarn zuzuwinken. Dieser Textabschnitt ist ohne Frage für jeden sehr interessant. Hier können sich auch digital erfahrenere Menschen, wie es oft auch Medienpädagog*innen sind, die ein oder andere Inspiration herausziehen.
Auch für den Umgang mit sensiblen Themen werden verschiedene methodische Ansätze vorgestellt. So geht es beispielsweise darum, wie man (Queere) Empowerment-Räume schaffen kann oder wie man in Situationen vorgehen kann die für einige Seminarteilnehmer*innen triggernd sein können (Beispiel hier: Sexuelle Gewalt, Homosexualität). Da diese Themen jeden betreffen können, sind diese Blöcke ohne Frage für alle Leser, unabhängig von ihrem Erfahrungsstand, super interessant.
Am Ende des Leitfadens gibt es für die Leser*innen noch methodische Empfehlungen, um das eigene Wohlbefinden und das der Teilnehmer*innen zu stärken. Von simplen Tipps wie Pausen bis hin zum sogenannten Augen-Yoga ist hier alles dabei. Ein schöner Abschluss, zu einem Thema, was vermutlich viel zu oft in Vergessenheit gerät.
Spezifische Inhalte zu Globalen Lernen
Die bisher genannten Aspekte sind prinzipiell für alle etwas, die irgendwie in der Bildungsarbeit tätig sind. Da der Leitfaden für globales Lernen im Digitalen ist, beinhaltet er auch spezifischere Themenblöcke, die dicht mit der Arbeit der ICJA zusammenhängen. Die didaktischen Empfehlungen und technischen Grundlagen werden anhand zweier Beispielseminareinheiten zum Thema Sexismus und Finanzmarkt veranschaulicht. Die Seminareinheiten wurden vom ICJA auch tatsächlich so durchgeführt und können als Inspiration genutzt werden. Außerdem gibt es noch einen Abschnitt, in dem unterschiedliche Arten von Seminaren, die der ICJA durchführt, beschrieben werden. Auch das kann als Anregung dienen, für Leute, die mit ähnlichen Aufgaben konfrontiert sind.
Übrigens, der Globital-Leitfaden ist hier zu finden.
Zum Schluss: Ein Lob!
Der Globital Leitfaden überzeugt mit Übersichtlichkeit und einer einwandfreien Strukturierung. Zu fast allen Themen gibt es schöne Beispiele in Form von Bildern, die gerade für Einsteiger*innen eine Veranschaulichung sein können. Für jemanden, der noch nie mit Online-Tools gearbeitet hat, kann es durchaus sehr hilfreich sein, durch solche Visualisierungen ein paar Inspirationen zu gewinnen. Insgesamt ist der Leitfaden durch zahlreiche, liebevoll gestaltete Grafiken sehr ansprechend gestaltet. Was den Leitfaden auch empfehlenswert macht: Es ist für jeden etwas dabei! Viele Abschnitte können von Leuten mit vielen Vorerfahrungen im Bereich der digitalen Seminargestaltung übersprungen werden, aber einige Dinge sind sicher auch neu. Wenn es nicht die Themenblöcke zu verschiedenen technischen Grundlagen sind, dann sind es vielleicht die Themenblöcke zum Umgang mit sensiblen Themen in einem digitalen Seminarkontext, die vielleicht sogar dazu führen, auch das eigene Handeln zu reflektieren.
Wer steckt dahinter?
Der ICJA ist eine Organisation, die internationalen Freiwilligenaustausch und Begegnungen organisiert. Das Projekt wurde durch die Berliner Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe finanziert.