Influencer*innen in der medienpädagogischen Arbeit

Influencer Lettering

Diggity Marketing // unsplash.com

Ob auf YouTube, Instagram oder TikTok – Influencer*innen
begegnen Kindern und Jugendlichen überall auf ihren Lieblingsplattformen. Neben
Stars aus den Bereichen Musik, Sport und TV sind die Stars der Online-Welt für
viele junge Nutzer*innen zentrale Vorbildfiguren. YouTube wird geöffnet, um der
liebsten YouTuberin zuzusehen, auf Instagram kann man sich über Instagram
Stories privatere Einblicke in ihr Leben ansehen und ihr auf TikTok bei
lustigen Choreografien zuschauen. So werden Influencer*innen auch zu Begleiter*innen
im Alltag. Sie sind Stars, die man fast so gut kennt wie Freunde. Während Influencer*innen
so im Leben von Kindern und Jugendlichen oft als wichtige Figuren auftreten,
spielen sie in der Lebenswelt Erwachsener meist keine Rolle. Ein Austausch über
diese Vorbilder findet so kaum statt. Dabei sind von Influencer*innen
vorgelebte Werte und Rollen durchaus auch kritisch zu sehen. Es ist daher auch
Aufgabe der Medienpädagogik, Kinder und Jugendliche im kritischen Blick auf
Vorbilder aus der digitalen Welt zu schulen. Das Einbeziehen von Influencer*innen
in die medienpädagogische Praxis ist allerdings auch in weiteren Bereichen
lohnenswert.

Abbau von stereotypen Geschlechterrollen

Die im Januar 2019 erschienen Studie der MaLisa Stiftung beschäftigte sich unter anderem mit Genderstereotypen auf den Plattformen YouTube und Instagram. Es konnte gezeigt werden, dass Frauen auf YouTube deutlich unterrepräsentiert sind. So sind 69% der Hauptakteure auf YouTube männlich, nur 29% weiblich (MaLisa Studie, 2019, S. 04[1]). Unter den Top 20 meistabonnierten YouTube-Kanälen aus Deutschland befinden sich lediglich zwei YouTuberinnen: Bianca Claßen (BibisBeautyPalace) und Dagmar Kazakov (Dagibee)[2]. Influencerinnen zeigen sich auf YouTube und Instagram vor allem mit Themen, die als stereotyp weiblich gelten: Beauty und Mode, Food, partnerschaftliche Beziehung und Haushalt gehören zu den Themen, die von Frauen stärker bespielt werden als von ihren männlichen Kollegen. Befragte YouTuberinnen geben als Gründe für die stereotype Selbstdarstellung an, dass klischeehafte Inhalte eher aufgerufen werden und dass klare Meinungsäußerungen vor allem das Kooperationsinteresse von Firmen schmälert und damit finanzielle Nachteile birgt (Malisa Studie, 2019, S. 12). Geschlechterrollenbilder können somit anhand von Influencer*innen in der medienpädagogischen Arbeit leicht thematisiert werden. Darüber hinaus ist es sinnvoll, Kindern und Jugendlichen Gegenvorschläge zu unterbreiten und sie mit Influencer*innen bekannt zu machen, die mit genderstereotypen brechen. Dazu können Frauen in der Wissenschaft gehören (z.B. MaiLaib), weibliche Lets-Player (z.B. Honigball), oder aber auch Männer, die offen über ihre Gefühle sprechen (z.B. Tonia, Kostaskind).

Eine Übersicht über empfehlenswerte YouTube-Kanäle findet sich hier: https://www.handysektor.de/youtuber-des-monats/

Was ist mir wichtig im Leben? – Wertearbeit

Immer die neusten (Marken-)Klamotten
und Accessoires, teure Uhren, Autos oder Smartphones. Regelmäßige Urlaubsreisen
an Traumstrände und dazu die/der perfekte Partner*in. Damit beeindrucken
Influencer*innen auf YouTube, Instagram und TikTok und werden von ihren Fans mit
Likes und Kommentaren bejubelt. Mit Jugendlichen kritisch zu hinterfragen,
welche Werte ihnen beim Scrollen durch den eigenen Instagram-Feed auffallen,
ist einfach möglich. Schönheit, Reichtum, (Über-)Konsum und Abenteuer sind auf
den Profilen erfolgreicher Influencer*innen kaum zu übersehen. Doch wie verhält
es sich mit dem, was einem selbst im Leben wichtig ist? Welche Werte wollen
Jugendliche selbst vermitteln oder verstärkt sehen? Wie könnten Instagram-Postings
aussehen, in denen es um ebendiese Werte wie z.B. Liebe, Freundschaft, Familie
oder Nachhaltigkeit geht? So kann auch eine aktiv-kreative Auseinandersetzung mit
der Thematik angestoßen werden. Vielleicht werden auch gemeinsam Influencer*innen
gefunden, die sich mit den eigenen Werten auseinandersetzen.

Auf einem Workshop vergeben Schüler*innen Punkte für die Werte, die ihnen selbst wichtig sind. Im Anschluss untersuchen wir gemeinsam, welche Werte sie bei ihren Influencer*innen entdecken. (Foto: Kim Beck)

An diesen Themenkomplex schließt sich auch das Sprechen über Werbung und Produktplatzierung gut an. Kinder und Jugendliche dazu zu befähigen, Werbung auch bei ihren Lieblingsstars als solche zu erkennen, ist bei der Arbeit mit Influencer*innen ein zentraler Bestandteil. Werkzeuge zu finden, selbstständig Werbung in den Inhalten von Influencer*innen zu entdecken (Einblendung von „Werbung“ / „Produktplatzierung“, erkennen und verstehen von sogenannten Affiliate Links etc.) kann dabei ein erster Schritt sein.

Tipp: Für Jugendliche verständlich aufbereitete Informationen gibt es z.B. hier: https://www.handysektor.de/artikel/influencer-so-duerfen-sie-werbung-machen/

Lernen mit Influencer*innen

Auf YouTube finden sich neben
Unterhaltungsinhalten auch Kanäle, die sich mit schulisch relevanten Inhalten
auseinandersetzen. Aufgrund der personalisierten Videovorschläge der Plattform,
werden diese aber häufig von Kindern und Jugendlichen gar nicht erst entdeckt.
Dabei bieten Lerninhalte auf YouTube für viele Schüler*innen große Vorteile.
Hier kann man sich aussuchen, von wem und auf welche Art und Weise man sich in
der Schule nicht ganz verstandene Inhalte nochmals erklären lässt. Man kann
Videos zudem zurückspulen und so oft wiederholen, bis ein einzelner Schritt
wirklich klar ist. Zudem schaffen es viele YouTuber*innen die Inhalte
unterhaltsam, lebensnah und klar strukturiert aufbereitet wiederzugeben. Sie bieten
einen Mehrwert sowohl für schwächere Schüler*innen mit Nachholbedarf, als auch
für Schüler*innen, die sich noch weiter über ein für sie interessantes Thema
informieren wollen. Auch beim Lernen können zusammenfassende YouTube-Clips eine
sinnvolle Ergänzung sein. Immer wieder sprechen auch Influencer*innen, die sich
nicht primär mit Lerninhalten beschäftigen, über ihre Probleme in der Schule
oder die eigenen Lern-Techniken. Kinder und Jugendliche an die Möglichkeit des
unterhaltsamen Lernens für die Schule über YouTube heranzuführen ist daher
sinnvoll. Dabei gilt es auch, die Informationskompetenz zu fördern. Jugendliche
müssen erkennen können, welche Informationen wirklich vertrauenswürdig sind. Wer
sich aktiv-kreativ mit dem Lernen auf YouTube auseinandersetzen will, kann mit
Jugendlichen Kriterien für gute Lernvideos erarbeiten und sie selbst Themen audiovisuell
umsetzen lassen.

Ein Überblick über gute Kanäle für schulisches Lernen findet
sich hier: https://www.klicksafe.de/themen/kommunizieren/youtube/lernen-mit-youtube/


[1] Quelle: https://malisastiftung.org/wp-content/uploads/Selbstinzenierung-in-den-neuen-Medien.pdf

[2] Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_meistabonnierten_deutschen_YouTube-Kan%C3%A4le

Kim Beck Kurzbio
Kim Beck ist Medienpädagogin und arbeitet in der Praxis mit Schüler*innen aller Altersklassen, Eltern und Lehr- und Fachkräften zusammen. Sie ist Co-Host im Medienkompetenz Podcast medially (www.medially.de) und leitet die Redaktion des Informationsportals Handysektor.
Verfasst am 14.11.2019
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