Erklärvideo-Werkstatt mit Jugendlichen – Workshop-Konzept des Medienkompetenzzentrums „Die Lücke“
Im Medienkompetenzzentrum „Die Lu?cke“ fu?hrten wir in letzter Zeit mehrere Projekte durch, bei denen Erkla?rvideos entstanden (mit Schu?ler*innen der 8. Klasse, mit Menschen mit Behinderungen, mit angehenden Erzieher*innen). Ziel war es dabei, verschiedene Erkla?rvideo-Techniken auszuprobieren und zu lernen, wie man Erkla?rvideos selber machen kann. Hier mo?chte ich meine Erfahrungen aus diesen Projekten zusammenfassen und dabei schildern, wie man einen Workshop zum Thema Erkla?rvideos konzipieren kann.
Dauer:
Man sollte dafu?r genu?gend Zeit am Stu?ck einplanen, deshalb bietet sich die Umsetzung in Form einer Projektwoche an.
Benötigte Technik:
Ausgeschnittene Skizzen-Bilder (fu?r 1. Übung), Schere, Papier, Videokameras, Stative, Mikrofon, Scheinwerfer, Tisch(e), PCs mit Internetverbindung, PCs oder Tablets zum Zeichnen mit speziellen Zeichen-Apps, OBS Screencast-Software (freeware), Audioaufnahmegera?te
Phase 1 – Einführung
Zuna?chst einmal gaben wir unseren Teilnehmer*innen einen U?berblick, welche Formen von Erkla?rvideos momentan existieren. Dazu kann man sich auf YouTube oder anderen Plattformen entsprechende Beispiele anzuschauen. (? Hier ein U?berblick u?ber verschiedene Arten von Erkla?rvideos.) Es macht Sinn, fu?r die filmische Analyse von Erkla?rvideos ruhig eine Weile Zeit zu investieren. Die Techniken der vorgestellten Beispiele sind doch recht vielseitig. Und, obwohl die Videos zumeist sehr simpel wirken, steckt eine Menge Arbeit dahinter.
Praxis-Übung – Bilder-Geschichten (Zeitaufwand ca. 2h)
Wir bildeten Arbeitsgruppen aus ca. 3-4 Leuten und haben im Vornherein kleine Bildchen ausgeschnitten, die nun an die Teilnehmer verteilt werden (Dies kann z.B. sein: ein Ball, ein Strichma?nnchen, Eine Tasse, ein Buch u.v.m.) Jede Gruppe bekommt nun vier kleine Bildchen (zufa?llig ausgewa?hlt) und soll daraus eine kleine Erkla?r- Geschichte mit Legetrick erza?hlen. Diese kann mit dem eigenen Handy oder kleinen Kameras gefilmt und live eingesprochen werden.
Ziel dieser U?bung ist das Erlernen der Geschichtenerzählung mithilfe von Bildern.
Phase 2 – eigene Geschichten erzählen mit Legetrick
In dieser Phase gehen wir noch einen Schritt weiter. Die Teilnehmer*innen sollen nun eine eigene Geschichte mit selbst gemalten Bildern erza?hlen.
Praxis-Übung: Ein erstes Erklärvideo mit der „handmade“-Legetrick-Technik (Zeitaufwand ca. 3h)
Zu einem Thema sollen 5 Bilder gezeichnet und ein kleiner Erkla?rtext (Sprechertext / Kommentar) formuliert werden. Fu?r die Zeichnungen eignen sich am besten einfache Schwarz-Weiß-Figuren oder -Skizzen. Die Bilder sollen selbst gemalt sein, aber zur Inspiration und Vorlage la?sst sich „Google Bilder“ mit nutzen. Damit die Kamera spa?ter kontrastreiche Bilder aufnehmen kann, ist es ratsam, die Umrisse der Figuren und Gegensta?nde mit einem Filzstift nachzumalen.
Als technische Vorrausetzung fu?r diese Methode braucht es eine Kamera auf einem Stativ, die frontal bzw. senkrecht von oben auf die Arbeitsfla?che (Tisch) filmt. Dabei sollte das zu filmende Gebiet gut abgesteckt sein, damit die Handlung nicht außerhalb des Kamerabildes stattfindet. Außerdem sollte die Tischfla?che mo?glichst hell sein (durch Tageslicht oder Scheinwerfer).
Zum Schluss wird geu?bt, die Figuren zur richtigen Zeit auf die Arbeitsfla?che zu legen bzw. wegzuschieben. Der Sprechertext wird direkt beim Filmen eingesprochen. Um das richtige Timing aus Legen und Sprechen fu?r das Filmen hinzukriegen, bedurfte es einiger „Kalt-U?bungen“.
(Ich nenne die Technik „handmade“, weil die meisten professionellen Legetrick-Filme inzwischen digital erstellt werden. Hier geht es aber darum, die Technik des Erzählens zuna?chst einmal grundlegend kennen zu lernen.)
Hier ein Beispiel zum Thema Inklusion in leichter Sprache: (Das ist ein Teil eines Videos, was aus solch einer U?bung hervorgegangen ist.)
„Das ist Susi. (Strichmännchen) Susi hat eine Lernbehinderung (Sprechblase mit Fragezeichen). Ihr Erzieher Klaus (Strichma?nnchen) hilft ihr, damit sie in der Schule besser zurechtkommt. Ihre Lehrerin Frau Schulz (Strichma?nnchen) erkla?rt Susi alles in leichter Sprache (Tafel mit ABC), damit Susi das auch verstehen kann.“
Phase 3 – Erproben von zwei digitalen Techniken / Entscheiden für eine davon
In dieser Phase na?hern wir uns zwei digitalen Techniken, mit der man Lernvideos erstellen kann. Inzwischen existiert eine Vielzahl von Tools, mit denen digitale Lernvideos mo?glich sind. Dazu findet sich man auf dem „Workshop-Helden-Blog“ eine super U?bersicht.
Wir haben uns im Vorfeld all diese Mo?glichkeiten angeschaut und uns fu?r zwei Techniken entschieden. Diese erschienen uns fu?r Jugendliche als am besten nachvollziehbar: (Als Pa?dagog*in sollte man sich im Vorfeld die Techniken genau anschauen, um zu sehen, wie man damit Geschichten erza?hlen kann und welche technischen Schritte notwendig sind.)
- Erkla?rvideo-Animationssoftware, z.B. der Web-Editor „Powtoon“
= ein Online-Editor, bei dem man a?hnlich wie bei Powerpoint Animationen untereinander anordnet, so dass jede hat eine eigene„Folie“ hat. Achtung: Der Editor funktioniert nur mit stabiler Internet-Verbindung (? Na?heres zu Powtoon im Medienpa?dagogik Praxis Blog – Artikel u?ber Powtoon)
Beispielvideo, mit Powtoon erstellt: „Was ist Freifunk?“
Digital gemaltes Erkla?rvideo / Screencast z.B. mit den Apps Sketch O Paint oder EasySketch = einfache Mal-Apps, mit denen man u?ber den Effekt des Skizzenwerkzeugs („sketchy tool“) Zeichnungen ein wenig edler wirken lassen kann. Wa?hrend des Malens von Zeichnungen haben wir die integrierte Bildschirmaufnahme an den Tablets aktiviert und konnten somit den Mal-Prozess aufnehmen sowie dann auch gleich als Film weiterverwenden.
Beispielvideo, mit Sketch O Paint gemalt: „Internet und Social Web erklärt“
Falls auf dem Tablet keine integrierte Bildschirmaufnahme vorhanden ist, la?sst sich alternativ auch mit der App „Explain Everything“ arbeiten. In diese Mal- und Gestaltungs-App ist die Bildschirmaufnahme bereits integriert. ? siehe auch Artikel „Lernvideo-Erstellung mit iPads“(mit „Explain Everything“)
Praxis-Übung – Ausprobieren der Technik am Tablet oder PC (Zeitaufwand ca. 2h)
Bei dieser Übung sollen sich die Jugendlichen mit den zwei digitalen Techniken vertraut machen. In Gruppen wa?hlen sie eine der Techniken aus und entdecken diese spielerisch. Das heißt, sie versuchen Bilder mit dem Tablet zu malen oder Inhalte mit Powtoon zu erstellen. Hierbei geht es ausschließlich um das Kennenlernen und Ausprobieren der Software. Es mu?ssen noch keine perfekten Geschichten erstellt werden.
Phase 4 – Filmplanung / Drehbuch
Es macht Sinn, sich dazu eine klassische Storyboardvorlage zu Hilfe zu nehmen zum Beispiel diese Storyboardvorlage von medienmanual.at oder auch die Lernvideo-Vorlage von Sandra Schön und Martin Ebner „Ideensammlung fu?r das Lernvideo“
Praxis-Übung – Erstellen von Storyboards fu?r die Erkla?rvideos (Zeitaufwand ca. 2 h)
Phase 5 – Erstellen von digitalen Erklärvideos (Zeitaufwand ca. 3 h)
In dieser Phase findet die Umsetzung der geplanten Storys mit der entsprechenden Software bzw. dem Mal-Tool statt. Das heißt die „Folien“ fu?r Powtoon mit Text, Figuren und Grafiken werden erstellt. Und die Bilder fu?r den Screencast-Erkla?rfilm werden auf Tablets oder am PC digital gemalt.
Der Vorteil von Powtoon ist, dass man am Ende ohne weitere Videoschnittarbeit fertige Filme ausgeben und diese direkt auf YouTube vero?ffentlichen kann. Dabei besteht die Auswahl aus einigen eingebundenen Musiktiteln sowie animierten Effekten. Auch ein Sprechertext la?sst sich direkt einsprechen und in das Programm integrieren. (Voraussetzung: internes oder externes Mikrofon)
Phase 6 – Nachbearbeitung (Zeitaufwand ca. 3-6 h)
Zum Schluss wurden die die erstellten Filme mit einer Videoschnittsoftware (z.B. wie in unserem Falle mit Adobe Premiere Elements) bearbeitet. Dies war besonders wichtig bei den mit Screencast aufgenommenen gemalten Bildern. Die Filme wurden mit Sprechertext kommentiert, Musik unterlegt und Effekten versehen. Zum Aufnehmen der Sprechertexte benutzten wir Zoom-Audiogera?te. Es funktioniert aber auch alternativ mit der Audiorekorder-App von einfachen Smartphones. Den zeitlichen Aufwand fu?r die digitale Nachbereitung sollte man nicht unterscha?tzen.
Fazit
Auch wenn die Videos am Ende sehr easy wirken, braucht es viel Aufwand fu?r die Vorplanung – das Heranfu?hren an das Thema und ans Drehbuch- bzw. Storyboard-Schreiben, und spa?ter die technische Umsetzung – das Filmen, Arbeiten mit Software und den finalen Feinschnitt. Deshalb ist es ratsam, nicht zu viel Techniken gleichzeitig ausprobieren, sondern sich fu?r ein bis zwei zu entscheiden. Wir hatten beispielsweise in einer Projektwoche die „handmade“ Legetechnik und die Online-Lo?sung „Powtoon“ erprobt. (Damit waren wir voll bescha?ftigt.) Aufgrund des Aufwandes und auch der Seh-Gewohnheiten der potentiellen Zuschauer*innen sollte jedes Erkla?rvideo nicht la?nger als zwei Minuten lang sein. Einige der in den Projekten entstandenen Ergebnisse sind auf dem Erkla?rvideo-Kanal „Web Clear“ oder dem inklusiven YouTube-Kanal „All-Inklusive“ zu sehen.