Bibberiche selber bauen – Vibrobots im Unterricht (Handbuch Making-Aktivitäten)
Aus Drahtresten, Lüsterklemmen, Kabelbindern, einer Batterie und einem Motor wird ein elektrisches Insekt, das schnell ein Eigenleben entwickelt.
Setting | (evtl. Primarstufe), Sek. I, alle Schulformen und Einrichtungen der offenen Jugendarbeit |
Dauer | je nach Vorbereitung, Umsetzung und Setting ein bis drei Schulstunden à 45 min |
Zielgruppe | etwa 4. bis 10. Klasse, handwerkliches Geschick vorteilhaft, Vorkenntnisse nicht nötig, Anzahl der Kinder abhängig von Vorkenntnissen, Selbstständigkeit und ggf. vorliegenden Beeinträchtigungen, Betreuungsschlüssel ca. 1:4 ideal, ca. 1:10 maximal |
Zielsetzung |
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Notwendige Ausstattung |
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Aufwand | niedrig, ca. 5 min (ohne Materialbeschaffung), sofern Werkzeuge alle griffbereit, ansonsten entsprechend höher; keine sonstige organisatorische Abhängigkeit, sofern geeigneter Raum verfügbar |
Vorbereitung |
Die Vorbereitung besteht in der Hauptsache aus der Beschaffung des Materials. Je nach institutionellen Voraussetzungen kann diese Aufgabe evtl. auch delegiert werden. Für die Maker-Aktivität selbst ist dann ggf. die Zusammenstellung aller benötigten Werkzeuge erforderlich. Im Idealfall hat man einen mit Werkzeug ausgestatteten Raum zur Verfügung, in dem sich die Kinder auskennen und sicher und zielstrebig bewegen.
Ablauf |
Der Ablauf hängt stark von der technischen Fitness der Teilnehmer/innen und vom Setting ab, in dem die Aktivität stattfindet. Für tendenziell jüngere/unerfahrenere Kinder und bei knappen zeitlichen Ressourcen (z.B. Tag der offenen Tür, Schulfeste etc.) müssen mehr Dinge detailliert vorausgeplant und ggf. auch vorgegeben werden, als z.B. in einem Unterrichtsumfeld, einer Technik-AG oder einer Nachmittagsbetreuung.
Optimale Variante mit viel Eigenarbeit und Selbstständigkeit der Kinder: Betreuer/in zeigt kurz ein fertiges Objekt in Aktion, lässt es dann aber nach Möglichkeit wieder aus dem Blickfeld der Teilnehmer/innen verschwinden, so dass sie gezwungen sind, das „Insekt“ aus dem Gedächtnis nachzubauen bzw. idealerweise für sich selbst neu zu erfinden. Eine Hilfe dafür bilden die bereitgestellten Materialien, aus denen sich die Kinder frei bedienen dürfen. Im günstigsten Fall erkennt das Kind beim Betrachten des vorgeführten Objekts (evtl. auch kurz in die Hand nehmen lassen) das Funktionsprinzip: Batterie treibt Motor an, Motor hat Unwuchtgewicht an seiner Achse, lässt dadurch Motor vibrieren, dies versetzt das ganze Objekt in Schwingung, daraus resultiert ruckartige Bewegung über den Untergrund. Auf Basis der Beobachtung und des erkannten Funktionsprinzips versucht das Kind mit den verfügbaren Materialien ein ähnliches Objekt funktionstüchtig nachzubauen. Insbesondere die Bewegung, das insektenartige Aussehen und das teilweise chaotisch anmutende „Verhalten“ des Objekts fördern die intrinsische Motivation der Kinder zum Selberbauen, die dann auch über evtl. auftretende Schwierigkeiten bei der Umsetzung hinweghilft.
In der Regel wird man eine Gruppe von Kindern um einen Tisch herum versammeln, auf dem alle Materialien und die wichtigsten Werkzeuge liegen und genug Platz zum Arbeiten ist (kann ggf. auch einfach auf dem Fußboden stattfinden). Ob Team- oder Einzelarbeit bevorzugt wird, welche Arbeitsschritte in welcher Reihenfolge ausgeführt werden, all das kann man die Kinder selbst herausfinden und entscheiden lassen. Wichtig für die Betreuer/in erscheint die aufmerksame Beobachtung der Kinder, eine insgesamt freundliche, zugewandte Atmosphäre und ansonsten möglichst wenig Einflussnahme ins konkrete Geschehen. Eigene Vorstellungen und auch offensichtliche Fehler der Kinder beim Bauen sollten, wenn immer möglich, zugelassen werden, Korrekturen und Hilfestellungen nur bei Verletzungsgefahren und aussichtslosen Irrwegen. Auch das typische Spiel von Vormachen und Nachahmen sollte möglichst selten angewendet werden, günstiger für das entdeckende Lernen ist es, bei Problemen im Arbeitsfluss passende Fragen zu stellen, dosiert Ermunterung auszudrücken etc.
Meist wählen die Kinder beim Bau dieser Objekte Einzelarbeit, weil jedes Kind so einen eigenen „Bibberich“ hat und mit nach Hause nehmen will. Da aber in der Regel mehrere Kinder gleichzeitig und sicherlich in unterschiedlicher Geschwindigkeit arbeiten, ergeben sich in der Regel vielfältige Interaktionen zwischen den Kindern, die Betreuer/in so weit wie möglich ohne eigene Intervention hinnehmen sollten. Eigene Zurückhaltung, aber dennoch deutlich erkennbare Präsenz und achtsame Beobachtung sollten Leitlinien für Lehrpersonen sein.
Mögliche Varianten und Ergänzungen |
Die hier vorgeschlagenen „Insekten“ können selbstverständlich in jeglicher Hinsicht abgewandelt werden. Dabei wird in der Regel die Größe des Motors der bestimmende Faktor sein. Größere Motoren sind meist nur mit höheren Betriebsspannungen erhältlich, für deren Antrieb mehr Batterien nötig sind, d.h. die Objekte werden dementsprechend größer und schwerer. Dies kann z.B. dann von Vorteil sein, wenn das „Insekt“ mit Beinen aus Stiften ausgestattet wird und durch die Vibrationen „moderne Kunst“ erzeugt werden soll. Aber auch in die andere Richtung hin zur Miniaturisierung existieren praxistaugliche Varianten. So lassen sich Mini-Vibrationsmotoren aus Mobiltelefonen durch Knopfzellen betreiben, als „Körper“ und Gliedmaßen eignen sich z.B. Zahnbürstenköpfe oder entsprechend gebogene Büroklammern.
Tipps und Tricks |
Wünschenswert aus technischer Sicht wäre ein Schalter für den Motor, allerdings kostet dieser Geld, braucht Platz und Befestigung und verkompliziert die Verkabelung. Einfacher ist es, die Kinder kurze Stücke Schaschlikstäbe zwischen Pluspol der Batterie und dem entsprechenden Kontakt des Batteriehalters klemmen zu lassen, um den Stromfluss gezielt zu unterbrechen. Die Kabel vom Motor zum Batteriehalter sind regelmäßig die Ursache für Ausfälle, sofern sie nur durchgesteckt und verdrillt werden. Sofern der Rahmen dafür geschaffen werden kann, könnte Kindern (evtl. an einer speziell betreuten Station) ein erster Kontakt mit dem Löten ermöglicht werden.
Raum für kreatives Gestalten |
Form und Ausführung der „Insekten“ sind vollkommen frei gestaltbar: zum Beispiel die Anzahl, Länge und Material der Beine, Größe des Lüsterklemmen-Körpers, Fühler, evtl. Flügel aus Papier oder Kunststoff, Wackelaugen. Die Beine können auch als Stifthalter ausgeführt sein, so dass das Insekt in kurzer Zeit große Papierflächen mit bunten Mustern bekritzelt. Manchmal entsteht auch ein Wettbewerb um das gruseligste oder schönste Insekt. Um die Ideen der Kinder freizusetzen, sollten Betreuer/innen vor allem gute Bedingungen schaffen, Material vorbereiten und ansonsten möglichst wenig ins Geschehen eingreifen.
Weitere Materialien dazu |
Unter dem Stichwort „Vibrobot“ gibt es eine Reihe von ganz unterschiedlichen Exemplaren in Internet-Videos zu finden.
Dieser Beitrag ist ein Ausschnitt aus dem Buch „Making-Aktivitäten mit Kindern und Jugendlichen. Handbuch zum kreativen digitalen Gestalten“ (herausgegeben von Sandra Schön, Martin Ebner und Kristin Narr, März 2016). Das Buch steht seit 1.3.16 komplett als PDF offen lizenziert zur Verfügung (http://bit.do/handbuch) und ist auch als Printausgabe im Buchhandel erhältlich (ISBN 9783739236582). Das Handbuch entstand im Rahmen einer Kooperation des BIMS e.V., der Technischen Universität Graz, von Kristin-Narr.de, des Medienpädagogik Praxisblog, des fsm e.V. und seinem Projekt „Medien in die Schule“ sowie mit Unterstützung der HIT-Stiftung.