VJing als Methode der Videoarbeit

VJing als Methode in der Medienpädagogik

"Altitude 2005, Kunsthochschule für Medien Köln" von guttertec auf flickr.com (cc by-nc-sa)

Der wirklich produktive Umgang mit Video im (Medienkunde-)Unterricht ist eine der Disziplinen, die im „normalen“ schulischen Ablauf mit schöner Regelmäßigkeit an technische, organisatorische und zeitliche Grenzen stoßen. Für die Aufnahme von Videomaterial steht selten genug ausreichend Kameratechnik zur Vefügung, Videoschnitt erweist sich als äußerst zeitaufwändiger und fehleranfälliger Prozess. Dennoch ist das Erstellen eignere kleiner Videos natürlich eine reizvolle und medienpädagogisch sehr sinnvolle Unternehmung, gelingt dabei doch die kreativ-spielerische Umsetzung von sonst eher analytisch erworbenem Wissen über filmische Gestaltungsmittel.

Aus dieser Gemengelage heraus empfehlen sich diverse „reduzierte“ Ansätze der aktiven Videoarbeit wie z.B. Trickfilme (in Stop-Motion-Technik als Legetrick oder Brickmovie, aber auch Strichmännchenanimationen usw.).

Mit einer Klassenstufe 8 konnte ich kürzlich einen etwas anderen Ansatz ausprobieren, nämlich orientiert am sogenannten VJing. Im eigentlichen Sinne handelt es sich dabei zu live gemischten Videoclips z.B. als visuelle Begleitung der Audioperformance eines DJ. In der Form ist das natürlich unter den oben beschriebenen Rahmenbedingungen nicht beherrschbar – aber der prinzipielle Ansatz ist sehr attraktiv: Ein Musikstück dient als Vorlage und gibt Rhythmus, Tempo etc. der visuellen Umsetzung vor; das verwendete Videomaterial besteht meist aus recht kurzen, häufig eher abstrakten Clips (sog. „Loops“). Die Zeitdauer des zu erstellenden Clips beschränkt sich auf die begrenzte Lauflänge des Musikstücks; das Format lädt zum sonst mit Recht eher verpönten Spiel mit Blenden- und Bildeffekten ein. Zusätzlich attraktiv wird das Herangehen durch eine sehr lebendige Internetszene: man findet eine Reihe von Portalen, inspirierende Beispiele und große Mengen frei verfügbares Video- und Musikmaterial im Netz. Grund genug also, einen Unterrichtsversuch zu wagen 🙂

Die Schüler hatten bereits rezeptiv-analytischen Vorlauf durch die Auseinandersetzung mit Filmbeispielen (im aktuellen Fall mit einer Auseinandersetzung mit der Eröffnungssequenz von „Big Buck Bunny“ und einer Untersuchung der filmischen Gestaltung von „Wo ist Klaus“). Wahrscheinlich ist es jedoch deutlich günstiger, diesen analysierenden Zugriff *nach* die spielerische Produktion eigener VJ-Clips  zu setzen.
Ergänzt wurde die Auseinandersetzung mit filmsprachlichem Handwerk übrigens durch die ganz vorzügliche DVD „Spiel mit dem Tod / Spiel mit dem Zuschauer“ – ein absolut clever gemachter Augenöffner.

Die Annäherung an das eigentliche VJ-Projekt erfolgte dann über eine Begriffsklärung, die gemeinsame Recherche von im Netz verfügbaren Beispielen und deren Diskussion. Da Rohmaterial für das Projekt nötig war, gab es einen Exkurs zu Urheberrechtsfragen und freien Lizenzformen, in dessen Anschluss dann geeignete Musikstücke auf jamendo gesucht wurden. Das Videorohmaterial – die oben erwähnten Loops – wurde aufgrund des erheblichen Datenvolumens in einem Tauschverzeichnis des schulischen Intranet verfügbar gemacht, unsere Internetleitung wäre ansonsten hoffnungslos überlastet gewesen. Unmengen an VJ-Loops unter freien Lizenzen findet man z.B. in der entsprechenden Kategorie von archive.org oder bei Portalen wie Resolume.

Der eigentliche Schnitt erfolgte mit dem Windows Movie Maker, der für diesen Zweck völlig ausreichend ist. Allerdings muss das Videomaterial vorher in ein geeignetes Format gebracht werden – der Movie Maker kann nicht mit .mpeg umgehen, in dem aber viele der Loops vorliegen. Die Konvertierung kann komfortabel mit Tools wie dem Hamster Video Konverter oder dem Any Video Converter erfolgen.  Dabei mussten wir übrigens eine schmerzhafte Erfahrung machen: Zunächst sind die entsprechenden Loops in das ungeliebte Format .wmv konvertiert worden – in der Annahme, dass dies für den Movie Maker ja native Format am wenigsten Probleme verursachen sollte. Die Antwort ist ein klares „Denkste!“. Aus unerfindlichen Gründen wies der Movie Maker immer mehr dieser Clips zurück – auch solche, die er vorher akzeptierte – mit der Fehlermeldung, dass eine Indizierung fehlerhaft sei… Ein erneutes Konvertieren aller Loops nach .avi behob das Problem. Tipp deshalb: Gleich .avi benutzen!

Die Aufgabe für die Schüler bestand darin, ein bei Jamendo selbst gewähltes Musikstück mit passenden Loops zu unterlegen, dabei sollte visuell zur Musik passendes Videomaterial gewählt werden und über geeignete Schnittechniken (Trimmen, Blenden und Übergänge) Synchronität bezüglich Tempo und Rhythmus hergestellt werden, bei Bedarf konnten die einzelnen Loops auch über entsprechende Effekte (farbliche Veränderungen, Tempoänderung etc) angepasst werden.  Die Aufgabenstellung erscheint zunächst recht simpel – um ein ansprechendes Ergebnis zu erreichen, ist dennoch einiger Aufwand und ästhetisches Einschätzungsvermögen gefragt. Trotz der kurzen Cliplaufzeit und des bereits vorhandenen Materialfundus ist auch der Zeitaufwand nicht unerheblich – einige Unterrichtsstunden sind in das Projekt geflossen.

Dennoch ist der Ansatz durchaus erfolgreich gewesen, die meisten Schüler haben sich der Aufgabe mit Ehrgeiz und Hingabe zugewandt und mussten geradezu zwangsläufig die nötigen Operationen (Im- und Export, Schnitt, Blenden usw.) beherrschen lernen.

Als problematisch, weil zeitraubend, erwiesen sich die schon angesprochene .wmv-Formatproblematik, die z.T. recht ziellose Recherche nach passender Musik und gelegentliche Abstürze des Movie Makers.

Bewährt hat sich die Einbettung des Projekts in eine unter Moodle laufende Unterrichtseinheit, dadurch konnten Beispiele, Materialressourcen usw. jederzeit verfügbar gehalten werden. Die abschließende Präsentation erfolgte in einem Forum, in dem dann auch emsig Kritik an den einzelnen Clips geübt wurde. Zum Abschluss wurde das Abstimmungstool von Moodle genutzt, um einen „VJ-Oskar“ zu küren 🙂

Hier nun die Preisträger:

Uwe KlemmDies ist ein Gastbeitrag von Uwe Klemm. Der Autor ist Lehrer am Angergymnasium Jena und an der Lobdeburgschule Jena, arbeitet darüber hinaus als medienpädagogischer Fachberater am Medienzentrum Jena. Sein besonderes Interesse gilt blended-learning-Szenarien, Web 2.0 als Lerntools, Foto- und Filmarbeit.

Verfasst am 14.03.2011
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